Umschlagplatz Ischgl

Forscher untersuchten frühe Wege des Coronavirus

Tirol
27.11.2020 14:30

Analysen des veränderlichen Erbguts des Coronavirus während der frühen Phasen seines Auftretens in Österreich hat ein Team um Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Akademie der Wissenschaften durchgeführt. Darin finden sich auch Anhaltspunkte, wie der Erreger am Jahresbeginn in den frühen Covid-19-Hotspot Ischgl gelangt sein könnte und wohin der Virus-Export dann ging.

Das weitverzweigte Forschungsteam arbeitete in seiner aktuellen Publikation im Fachblatt „Science Translational Medicine“ anhand von detaillierten Untersuchungen von Erbgut-Mutationen des neuen Coronavirus nicht nur die Entstehung früher Cluster in Ostösterreich heraus, man widmete sich auch den ersten großen Ausbrüchen hierzulande in Wintersportorten. Im Vergleich mit weltweit gesammelten Corona-Gendaten ging es auch darum, nachzuzeichnen, welche internationalen Verbreitungsrouten sich im Frühjahr etablierten.

Proben im Dunstkreis des „Kitzloch“
Über Kollegen wie Dorothee von Laer von der Meduni Innsbruck oder Günther Weiss von der dortigen Uniklinik für Infektiologie gelangten die Forscher an Proben von sehr früh in Österreich nachweislich Covid-19-Infizierten aus Ischgl oder dem Paznauntal in Tirol. Diese Orte haben sich bekanntlich rasch als Infektionsherde mit unrühmlicher internationaler Dimension entpuppt. Darunter sind u.a. auch die „allerfrühesten Proben“ aus dem Dunstkreis der Ischgler Bar „Kitzloch“ und Co.

In Ischgl kursierte demnach am Beginn der Pandemie eine dominante Virus-Variante, der zwischen 80 und 90 Prozent der Proben zugeordnet werden können, sagte Bergthaler im Gespräch mit der APA. „Wir haben zur gleichen Zeit aber auch dort sehr wohl andere Viren angetroffen.“ So fand sich etwa eine Variante des sich mit der Zeit leicht verändernden Erregers, die am besten zu einer Probe aus dem Iran passte. „Das zeigt auch, dass der Eintrag des Virus in ganz Österreich sicher sehr oft und wiederholt parallel stattgefunden hat“, sagte der Wissenschafter.

Virus von Frankreich nach Tirol?
Dann machten sich die Forscher in den internationalen Viren-Daten auf die Suche nach Proben, die gut zu jenen aus Österreich passten. Fündig wurden sie in genetisch gut passenden Proben aus einem Cluster aus den französischen Alpen, der in etwa zwei Wochen vor den ersten Ischgler Fällen auftrat. Das Virus könnte also „unter Umständen“ von dort gekommen sein. Allerdings sage eine Ähnlichkeit an sich nichts über die Richtung der Übertragung aus, betonte Bergthaler. Zudem fehlen für diesen Zeitpunkt (Februar und März) Gendaten aus Italien. Darum könne man auch nichts Gesichertes zu einer sehr wahrscheinlichen Übertragungsachse von dort her sagen.

Neben epidemiologischen Daten zeigt sich nun auch in dieser genetischen Studie, dass von Österreichs Skidestinationen aus das Virus vielfach nach Deutschland, Dänemark, Norwegen oder Island exportiert wurde. Im Ischgl-Cluster ist nämlich eine Virusmutation namens „Clade 20C“ sehr präsent. Diese könnte man fast wie einen „Absender“ von dort sehen - wenn auch nicht als Beweis für den Ursprung dort, sagte Bergthaler.

Von Ischgl nach New York oder umgekehrt
Interessant ist, dass diese Variante auch an den Ostküste der USA und vor allem in New York in der frühen Epidemiephase stark präsent war. Theoretisch könnte dieser Corona-Mutant von Ischgl nach New York oder umgekehrt gekommen sein. Hier zeige sich aber ein weiterer internationaler Zusammenhang, der illustriert, wie rasch der weltweite Verkehr einen Erreger an andere Orte bringen kann.Das belegen auch Statistiken aus Ischgl zu den Herkunftsländern der Gäste dort, die zeigen, wie eine große Anzahl an Gästen aus unterschiedlichsten Ländern sich dort quasi die Klinke in die Hand gaben. „Ischgl ist hier aber sicherlich nicht das einzige Beispiel dafür, und hat es sich auch nicht verdient, jetzt so alleine am Pranger zu stehen“, sagte Bergthaler.

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