„Krone“-Interview

„Niemand ist vor Stalking-Attacken gefeit!“

Tirol
12.11.2020 13:00

Bei Stalking-Anzeigen werden die Daten von Opfern nicht immer weitergeleitet - die „Krone“ berichtete. Eva Pawlata, Leitern des Gewaltschutzzentrums Tirol, bestätigt das im Interview mit der „Krone“.

„Krone“: Frau Pawlata, die Gewaltschutzzentren sind etwa mit der Beratung und Unterstützung von Stalking-Opfern beauftragt. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim ortet einen Handlungsbedarf bei der Weitergabe von Daten an die Zentren. Stimmen Sie ihr zu?
Eva Pawlata: Es entspricht der Wahrheit, dass nicht jede Stalking-Anzeige an uns weitergeleitet wird. Es ist eine jahrelange Forderung der Gewaltschutzzentren, dass die Übermittlung von solchen Anzeigen gleichgestellt wird mit jenen bei Betretungs- und Annäherungsverboten. Denn in diesen Bereichen funktioniert die Weitergabe lückenhaft, sodass wir den Opfern auch eine proaktive Hilfe anbieten können. Das wäre auch bei Stalking wichtig, da es sich um eine Form von Gewalt handelt, bei derer sich die Opfer oft um keine Hilfeleistung bemühen, weil sie die Hemmschwelle nicht überwinden können.

Das bedeutet, dass die Übermittlung von Stalking-Anzeigen gesetzlich angeeignet werden sollte?
Ja. Für die Opfer wäre es ideal, wenn das Ganze in ein Gesetz gegossen werden würde.

Welche Handlungen sind unter dem Begriff Stalking definiert?
Alles, was man sich vorstellen kann. Die Täter lauern ihren Opfern auf, bombardieren sie mit Anrufen oder Nachrichten, legen ihnen Geschenke vor die Tür, belästigen deren soziales Umfeld oder veröffentlichen intime Bilder von ihnen.

Wie viele Meldungen sind bei Ihnen 2019 eingegangen?
Es waren insgesamt 82 Stalking-Meldungen. Prinzipiell sind mehr Frauen als Männer betroffen, weil Stalking oft eine Folgeerscheinung des Beendens von Beziehungen ist, in denen der Mann gewalttätig war und seine Macht über die Frau aufrechterhalten möchte.

Gibt es auch männliche Stalking-Opfer in Tirol?
Ja, etwa Männer, die Opfer von männlichen Stalkern sind - wenn der Ex-Partner den neuen Partner verfolgt. Fakt ist: Keiner ist vor Stalking-Handlungen gefeit!

Ab welchem Zeitpunkt realisieren die Opfer, dass es sich um Stalking handelt?
Sie halten schon einiges aus, bis sie sich an eine Schutzeinrichtung wenden oder Anzeige erstatten. Denn sie glauben, dass dieses Verhalten zur Trennung dazugehört, obwohl sie es als unangenehm empfinden. Es ist schwer zu sagen, ab wann man tatsächlich von Stalking spricht. Geht man vom Rechtlichen aus, wird die Dauer der Stalking-Handlungen in Relation zur Häufigkeit gesetzt.

Welchen Schaden kann beharrliche Verfolgung bei den Opfern anrichten?
Es handelt sich dabei um eine subtile Form von Gewalt. Man weiß nicht, wann wieder etwas passiert. Das sorgt wiederum für Ängstlichkeit und Unsicherheit. Auch schwere psychische Erkrankungen, Schlaf- und Angststörungen sowie psychosomatische Beschwerden sind die Folge. Manche Opfer wechseln sogar Wohnort und auch Arbeitsstelle.

Das Hilfsangebot ist freiwillig, vertraulich und kostenlos: Kontakt unter 0512/571313 bzw. im Web.

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

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