Haltesignal missachtet

Tödliches Zugunglück: Bedingte Haft für Lokführer

Steiermark
11.11.2020 12:02

Bei dem verheerenden Zugunglück in Niklasdorf in der Obersteiermark kam vor bald drei Jahren eine 58-jährige Deutsche ums Leben, 30 Passagiere wurden verletzt. Vor Gericht musste sich jetzt der Lokführer verantworten. Er soll ein Haltesignal missachtet haben: „Seit 1004 Tagen denke ich immer wieder darüber nach, was ich falsch gemacht habe. Ich mache mir schwere Vorwürfe!“ Der 48-Jährige wurde nicht rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haft und 4320 Euro Geldstrafe verurteilt.

Schreckliche Bilder boten sich den Einsatzkräften am 12. Februar 2018 in Niklasdorf: Ein Cityjet der ÖBB war seitlich mit einem Eurocity-Personenzug kollidiert. Bei dem Zusammenstoß wurde die Seitenwand eines Waggons komplett aufgerissen.

Eine 58-jährige Deutsche , die zu Besuch bei ihrer Tochter in der Steiermark war, wurde getötet, 30 Fahrgäste wurden teils schwer verletzt. Der Grazer Anwalt Michael Damitner vertritt die Trauerfamilie in dem sehr emotionalen Verfahren, das alte Wunden aufreißt: „Die jahrelange Belastung ist groß. Die Familie will endlich abschließen.“

„Was haben Sie mit dem Handy gemacht?“
Angeklagt ist ein 48 Jahre alter Triebwagenführer. Der Gutachter kam vor Gericht zu dem Schluss, dass der Mann nicht nur die roten Signale ignoriert hatte, sondern auch einen entgegenkommenden Zug viel früher hätte sehen müssen. „Ich würde gerne etwas sagen, wenn ich mich erinnern könnte“, erklärte der Steirer der Richterin Sabine Anzenberger am Mittwoch in Leoben.

„Sie hatten zwei Handys - neben dem Tablet mit dem Fahrdienstplan - aktiv eingeschaltet, was haben Sie mit diesen gemacht?“ - „Nichts, sie waren in meiner Jackentasche drinnen“, so seine Antwort. Dass er auf einem der Handys herumgespielt hätte, schloss der 48-jährige Steirer gänzlich aus.

Hat Unternehmen Mitschuld?
Der Verteidiger sagte, sein Mandant habe schon im Ermittlungsverfahren reumütig zugegeben, am Signal vorbeigefahren zu sein. Die Mitschuld liege aber auf Unternehmensebene. Der Bahnhof Niklasdorf sei massiv zugebaut gewesen, sagte der Verteidiger. Ein vorgeschriebener Schutzweg für den Zug habe gefehlt. Auch das Fehlen eines Zugbegleiters habe sich ausgewirkt, der Lokführer sei alleine gewesen.

Richterin Anzenberger ließ die Argumente abprallen: „Über ein Mitverschulden der ÖBB werden wir uns hier nicht unterhalten, das ist hier nicht angeklagt.“ Man urteile hier über grobe Fahrlässigkeit. Der Antrag auf Fortführung eines Verfahrens gegen die ÖBB sei eingestellt worden.

Lokführer nahm Urteil an
„Alles, was der Angeklagte hat falsch machen können, hat er falsch gemacht“, betonte der Anwalt der Familie der getöteten Deutschen in seinem Schlussplädoyer. Richterin Sabine Anzenberger führte ins Treffen, dass der Mann unbescholten sei und sich reumütig gezeigt habe. Aber eine unbedingte Strafe müsse es geben, deshalb verurteilte sie ihn zur Geldstrafe, zu zahlen in 240 Tagsätzen zu je 18 Euro. Der Lokführer nahm das Urteil an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.

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