Lira auf Rekordtief

Erdogan feuert türkischen Notenbank-Chef

Ausland
07.11.2020 11:39

Inmitten der beschleunigten Talfahrt der türkischen Lira hat Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Nacht auf Samstag überraschend Notenbank-Chef Murat Uysal entlassen. Dieser soll nun den Posten für Naci Agbal räumen, der von 2015 und 2018 Finanzminister war. Ein Grund wurde nicht genannt. Seit rund zehn Wochen befindet sich die türkische Währung wieder auf beschleunigter Talfahrt zu anderen wichtigen Währungen.

Am Freitag erreichte die Lira im Handel mit dem US-Dollar ein Rekordtief. Für einen Dollar mussten zeitweise 8,576 Lira gezahlt werden; das sind rund 49 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ein Euro kostete zuletzt zeitweise fast 10,18 Lira; das entspricht sogar einem Plus von rund 60 Prozent binnen Jahresfrist. Auch zu anderen wichtigen Währungen, wie dem Schweizer Franken, dem Pfund Sterling oder dem japanischen Yen, hat die türkische Währung stark an Wert verloren. Damit werden Importwaren für die Türken massiv teurer.

Notenbank-Chef zog Zinszügel wieder an
Erdogan hatte Uysal (Bild unten) erst im Juli 2019 vom Vize-Chef an die Spitze der Notenbank befördert, nachdem er dessen Vorgänger Murat Cetinkaya im Streit über aus seiner Sicht zu hohe Zinsen gefeuert hatte. Uysal hatte anschließend mit Zinssenkungen begonnen. Im September hatte die Notenbank aber im Kampf gegen die Lira-Schwäche überraschend die Zinszügel wieder angezogen.

Erdogan, der eine unorthodoxe Geldpolitik propagiert, bezeichnet den Leitzins, zu dem die Notenbank Geld an die Banken vergibt, oft als „Mutter allen Übels“ und drängt auf dessen Senkung. Die Türkei führe einen wirtschaftlichen Krieg gegen ein „Teufelsdreieck“ bestehend aus Zinssätzen, Wechselkursen und Inflation, hatte Erdogan am vergangenen Wochenende erklärt.

Hohe Inflation treibt freien Fall der Lira an
Treiber des freien Falls der Lira ist die hohe Inflation. Auch die stark geschmolzenen Währungsreserven des Landes haben die Talfahrt beschleunigt. Zudem lasten Spannungen im Verhältnis zur EU und den USA sowie die Sorge über mögliche Sanktionen auf der Währung des Schwellenlandes. Erdogan ist ein erklärter Zinsgegner und hatte sich von den von ihm maßgeblich mit angestoßen Senkungen mehr Anschubhilfe für die Wirtschaft erhofft.

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