Schwedenplatz-Anschlag

Dieser Roboter machte erstes Foto des Terroristen

Wien
06.11.2020 14:32

Die „Teodors“ haben am Montagabend ganze Arbeit geleistet. Zwei ferngesteuerte Roboter des Entschärfungsdienstes des Innenministeriums haben nach dem Anschlag in der Wiener Innenstadt unter Anleitung der Anti-Terror-Einheit Cobra bei der raschen Identifizierung des Täters geholfen. Weil der Attentäter augenscheinlich einen Sprengstoffgürtel trug, wurden die Roboter vorgeschickt, um ein Foto von dem Mann zu machen. So kamen die Ermittler schnell auf den Namen des Terroristen.

Seit Juni 2013 ist der Entschärfungsdienst (ESD) des Innenministeriums beim Einsatzkommando Cobra in der Direktion für Spezialeinheiten (DSE) angesiedelt. Die Cobra-Kräfte hatten die in Deutschland produzierten „Teodors“ mit an Bord, als sie am Montagabend zu dem Einsatz „Schusswechsel in der Innenstadt“ gerufen wurden.

Über Funk hörten sie, dass es sich um einen Amoklauf handeln könnte und ein Mann um sich schießen würde, berichtete Cobra-Einsatzleiter Hannes Gulnbrein. Rasch standen aus ganz Österreich 190 Cobra-Beamte inklusive Sprengstoffexperten im Einsatz. Wenige Minuten später war der Täter von Kollegen der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) ausgeschaltet.

„Teodor“-Roboter fuhren in die Gefahrenzone
Doch der Einsatz war noch lange nicht vorbei. Weder wussten die Sondereinheiten, ob es einen zweiten Täter geben könnte, noch ob von dem erschossenen Attentäter durch seinen Sprengstoffgürtel Gefahr ausgehen könnte. So kam „Teodor“ ins Spiel, der Roboter verfügt über eine Fernsteuerung, mit der er in die Gefahrenzone gefahren werden kann. Somit konnte ein Foto von dem Terroristen gemacht werden, das rasch an die Ermittler weitergeleitet wurde, berichtete Bernhard Treibenreif, Chef der Einheit EKO-Cobra/DSE.

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Wenn der Attentäter eine Sprengung durchführt, dann gibt es Schwerstverletzte und Tote.

Bernhard Treibenreif, Chef des Einsatzkommandos Cobra

Es wurden sogleich Dateien von möglichen Tätern durchgesehen und der 20-Jährige eindeutig auf einem Bild erkannt. „Das Foto ist extrem wichtig für die weiteren Maßnahmen“, sagte Treibenreif. Sobald die Roboter den Sprengstoffgürtel mit einer Schneidevorrichtung heruntergeschnitten, weggezogen und geröntgt hatten, stand fest, dass es sich um eine Attrappe handelte, und die Beamten des Erkennungsdienstes konnten zu der Leiche, um Fingerabdrücke zu nehmen. „Wenn der Attentäter eine Sprengung durchführt, dann gibt es Schwerstverletzte und Tote“, sagte Treibenreif.

Vier Stunden nach Ausschalten des Täters waren sich die Behörden über die Identität sicher. „Und die ersten Hausdurchsuchungsbefehle wurden ausgestellt“, sagte Treibenreif. Bisher führten die Cobra-Beamten 16 Festnahmen und 18 Hausdurchsuchungen durch.

Nach Berlin-Anschlag gekauft
Dass noch in der Nacht auf Dienstag die ersten Festnahmen stattgefunden haben, ist den Lehren aus dem Anschlag am Berliner Weihnachtsmarkt im Jahr 2016 zu verdanken. Da haben die Ermittlungen zur Feststellung der Identität des Attentäters längere Zeit in Anspruch genommen.

„Wir haben daraus gelernt und die ganze Polizeitaktik umgestellt“, so Treibenreif. Es wurden Millionenbeträge in neue Ausrüstungen investiert, wie eben etwa in die Anschaffung von drei neuen ferngesteuerten Entschärfungsrobotern namens „Teodor“.

Dass die Einheiten am Montag so schnell agieren konnten, ist auch der Umstrukturierung der Organisation der Spezialkräfte zu verdanken. Nach den Anschlägen in Europa - wie etwa 2015 in Paris - wurde in den vergangenen Jahren ein regionales Verfügbarkeitssystem eingeführt, somit sind auf Österreich verteilt Cobra-Beamte einsatzbereit, erklärte Treibenreif. Andere Länder - wie etwa die Slowakei - würden sich die Strukturierung der österreichischen Anti-Terror-Einheit zum Vorbild nehmen. Slowakische Kollegen kamen dafür extra nach Österreich.

Terrorszenario wird regelmäßig trainiert
2016 hatte die österreichische Einheit ein Terror-Szenario, wie es nun in Wien stattgefunden hat, trainiert. 300 Polizisten der Cobra, des Entschärfungsdienstes, von der Wiener Polizei sowie Bedienstete der Stadt Wien, der Wiener Berufsrettung und anderer Rettungsdienste nahmen fast auf den Tag genau vor vier Jahren an der Übung „Herbstlaub“ teil.

Für die Polizei trat am Montagabend dann der Ernstfall ein. Auch wenn für die Cobra der Einsatz abgeschlossen ist, die Ermittlungen in dem blutigen Terrorfall in der belebten Wiener City sind das noch lange nicht.

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