Vier Todesopfer

Nehammer: Wien-Attentäter war IS-Sympathisant

Wien
03.11.2020 07:49

Es war die schwerste Nacht, die Österreich seit langer Zeit erleben musste: Bei einem offenbar von langer Hand geplanten Terroranschlag auf mehrere Orte in der Wiener Innenstadt sind nach jüngsten Informationen mindestens vier Zivilisten ums Leben gekommen, ein Täter wurde erschossen. 14 weitere Menschen wurden bei den Attacken am Montagabend teils schwer verletzt. Nach mindestens einem weiteren Verdächtigen wird weiterhin gefahndet. Innenminister Karl Nehammer teilte Dienstagfrüh in einem Update zur Lage mit, dass es sich bei dem getöteten Attentäter um einen IS-Sympathisanten gehandelt habe. Mittlerweile gab es zahlreiche Festnahmen.

Der Täter sei um 20.09 Uhr „neutralisiert“ worden, gab Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl bekannt - neun Minuten nach Beginn des Blutbades. Sieben Polizisten hätten von ihren Schusswaffen Gebrauch gemacht. Die Identität des Attentäters sei mittlerweile bekannt, seine Wohnung sei aufgesprengt worden. Die Frage, ob es sich bei einer von mehreren Zeugen wahrgenommenen Detonation in der Nacht im Bezirk Simmering um das Geräusch der Sprengung gehandelt habe, wurde auf der Pressekonferenz nicht verneint.

„Radikalisiert und dem IS verbunden“
Nehammer sprach von einer „radikalisierten Person, die sich dem IS verbunden fühlte“. Weitere Details wollte man „aus ermittlungstaktischen Gründen“ vorerst nicht bekannt geben. Bei seinen Schreckenstaten habe der Mann eine Attrappe eines Sprengstoffgürtels getragen, bewaffnet war er mit einem automatischen Sturmgewehr, einer Pistole und einer Machete.

Bevölkerung weiter zur Vorsicht aufgerufen: Innenstadt meiden!
Nach derzeitigem Stand gehe man von einem oder mehreren möglichen Mittätern aus. Am frühen Dienstagmorgen gab es bereits einige Hausdurchsuchungen und mehrere Festnahmen. Polizeipräsident Pürstl verwies bezüglich Mittäter darauf, dass die Analysen der zahlreich eingelangten Hinweise noch „einige Zeit in Anspruch nehmen“ würden. Die Wiener Bevölkerung wurde erneut zur Vorsicht aufgerufen: Die Innenstadt solle - sofern möglich - weiterhin gemieden werden. Die Schulpflicht in der Bundeshauptstadt wurde für Dienstag ausgesetzt.

Schreckensszenen im Ausgehviertel
Laut Augenzeugenberichten hatten mehrere Männer mit Langwaffen und Pistolen wahllos auf Passanten und Lokalbesucher in der Innenstadt geschossen. Eine Frau - laut ORF eine Kellnerin - erlag in der Nacht im Krankenhaus ihren Verletzungen, sie war am Ruprechtsplatz gefunden worden. Ein männliches Opfer wurde am Fleischmarkt aufgefunden, es war bereits am Abend verstorben. Dienstagfrüh wurde dann bekannt, dass es ein weiteres männliches Todesopfer gibt, ebenfalls ein Passant, der schwerst verletzt am Franz-Josefs-Kai gelegen war. Wenig später wurde noch ein weiteres Todesopfer bekannt gegeben: Eine Frau im Alter zwischen 40 und 50 Jahren verstarb in der Klinik Ottakring.

14 weitere Menschen wurden teils schwer verletzt. Drei Leichtverletzte konnten laut Innenministerium inzwischen in häusliche Pflege entlassen werden.

Mildes Wetter lockte viele Menschen nach draußen
Der Angriff hatte gegen 20 Uhr im belebten Ausgehviertel Bermuda-Dreieck begonnen, in dem kurz vor Beginn neuer Corona-Ausgangssperren und bei lauem Wetter viele Menschen unterwegs waren. Nach dem ersten Notruf bei der Polizei und dem Eintreffen der Einsatzkräfte kam es in weiterer Folge zu Schießereien zwischen der Polizei und dem oder den Tätern. Ein 28-jähriger Polizist, der gerade seinen Dienst in der Innenstadt versah, wurde dabei angeschossen und schwer verletzt. Lebensgefahr besteht nicht.

Hundertschaften von Spezialkräften im nächtlichen Einsatz
Der Großeinsatz der Exekutive lief die ganze Nacht hindurch. 150 Cobra- sowie 100 WEGA-Beamte waren im Einsatz, dazu kamen mehrere Hundert Streifenpolizisten sowie Kräfte in Zivil. In Absprache mit den Partnerländern werden verstärkt Kontrollen an den österreichischen Grenzen vorgenommen. Auch das Bundesheer wurde aktiviert: Soldaten übernahmen den gesamten Objektschutz in Wien, um die Polizei zu entlasten, Teile des Jagdkommandos wurden zur Unterstützung der Terrorismusbekämpfung bereitgestellt.

Sonderministerrat, Kanzler-Rede, Kranzniederlegung am Tatort
Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach in einer ersten Reaktion von einem „widerwärtigen Terroranschlag“. Man werde „diese Angriffe mit allen Mitteln entschieden bekämpfen“. Für Dienstagvormittag wurde ein Sonderministerrat per Videokonferenz einberufen, danach wird sich der Kanzler mit einer Rede an die Bevölkerung wenden. Um 12 Uhr lädt Kurz gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler und Innenminister Nehammer den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und die Klubobleute der Parlamentsparteien ins Bundeskanzleramt ein. Nach dem Gespräch erfolgt eine gemeinsame Kranzniederlegung am Tatort, um der Opfer des Anschlags zu gedenken.

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