Ansprache zum Lockdown

Van der Bellen: „Nicht alles perfekt gelaufen“

Politik
02.11.2020 19:54

Vier Stunden vor Inkrafttreten des zweiten Corona-Lockdowns hat sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montagabend via TV an die Öffentlichkeit gewandt. In seiner unmittelbar nach der „Zeit im Bild“ im ORF ausgestrahlten Rede, von der er „gehofft hatte, dass ich sie nicht halten muss“, schwor er die Landsleute auf die Zeit der Entbehrungen ein. „Die Lage ist ernst“, sagte das Staatsoberhaupt mit Blick auf die zuletzt rapide gestiegenen Corona-Neuinfektionen. „Laut aktuellen Zahlen wurde zuletzt in Österreich alle 21 Sekunden jemand positiv auf das Coronavirus getestet“, brachte Van der Bellen die Dramatik der Situation auf den Punkt. Am Schluss hatte er aber auch eine positive Botschaft parat.

„Wenn wir nicht augenblicklich und mit vereinten Kräften gemeinsam das Steuer herumreißen, wird eine totale Überlastung der Spitäler sehr bald nicht mehr abzuwenden sein. Und kein Unternehmer wird mit Sicherheit am Abend wissen können, wer am nächsten Morgen überhaupt in die Arbeit kommen kann“, so Van der Bellen, der einerseits Verständnis für Kritik am Vorgehen der Regierung in den vergangenen Tagen äußerte, gleichzeitig aber vehement zum Einhalten der ab Mitternacht deutlich verschärften Maßnahmen aufrief.

„Die gute Nachricht: Wir können etwas tun“
„Die gute Nachricht ist: Wir können etwas tun. Sie können etwas tun. Denn dieses Virus überträgt sich von Mensch zu Mensch. Und das bedeutet, dass die Übertragung von Mensch zu Mensch auch unterbrochen werden kann“, sprach der Präsident der Bevölkerung ins Gewissen. „Ich bitte Sie daher im Namen unserer Gemeinschaft: Helfen Sie mit! Überlegen Sie jeden Tag: Was kann ich heute tun, um diese Pandemie zu stoppen? Tragen Sie eine Maske! Lieber einmal zu oft als einmal zu wenig. Waschen Sie sich die Hände! Lieber einmal zu oft als einmal zu wenig. Halten Sie Abstand! Lieber zu viel als zu wenig. Reduzieren Sie Ihre physischen Kontakte! Lieber zu viel als zu wenig.“

„Denken Sie daran: Das ist nicht für immer“
Dem Lagerkoller nach einem Dreivierteljahr Pandemie versuchte Van der Bellen entgegenzuwirken: „Denken Sie daran: Das ist nicht für immer. Aber jetzt, jetzt ist es wichtig die Ansteckungen zu unterbinden. Jetzt geht es darum, dass wir uns umeinander kümmern. Jetzt schützen Sie sich, Ihre Kinder, Ihre Eltern, Ihre Oma, Ihre Freundinnen und Freunde, Ihren Partner, Ihre Partnerin. Jetzt können wir beweisen, dass ,Gemeinschaft‘ für uns nicht nur ein leeres Wort ist. Jetzt retten Sie Leben.“

Verständnis für Unmut: „Nicht alles perfekt gelaufen“
Am Weg, den die Regierung zuletzt in Sachen Kommunikation eingeschlagen hatte, hat sich mitunter Kritik geregt - für das Staatsoberhaupt legitim. „Ja, es gibt in Österreich Unmut darüber, wie von den Verantwortlichen gehandelt und kommuniziert wurde“, so Van der Bellen. „Kritik ist selbstverständlich immer zulässig. Es ist ja auch nicht alles perfekt gelaufen. Aber die Regierung alleine kann diese Pandemie nicht besiegen. Verantwortlich, das sind nicht nur ,die Politiker‘ oder ,die Behörde‘. Nein, das sind wir alle: Sie und ich. Wir alle sind verantwortlich. Der Friseur, die Informatikerin, der Installateur, die Bäckerin, der Lehrer, die Ärztin, wir alle. Die Tat jedes Einzelnen ist gleich viel wert. Und nur alle Taten gemeinsam werden uns von dieser Pandemie befreien.“

„Wir werden Sie nicht zurücklassen“
Dank, Respekt und Mitgefühl äußerte Van der Bellen in Richtung der besonders Belasteten der Ausnahme-Lage. „Ja, die Situation ist eine Belastung. Und für manche in unserer Gemeinschaft ganz besonders. Ihnen gilt mein und wohl unser aller Mitgefühl, unser Respekt, unsere Solidarität. Und es ist wichtig, sie nicht aus den Augen zu verlieren: alle, die gerade erkrankt sind. Alle, die Freunde und Angehörige verloren haben. Alle, die in Krankenhäusern, Pflege und Verwaltung an ihr Äußerstes gehen. Und auch alle, die wirtschaftlich existenziell bedroht sind. Ihnen allen möchte ich sagen: Wir werden Sie nicht zurücklassen. Wir kümmern uns umeinander.

Appell an Politik: „Perspektive für danach“
An die verantwortlichen Politiker appellierte Van der Bellen, „die Zeit, die dieser Lockdown uns allen hoffentlich verschafft, zu nützen. Wir brauchen für die Zeit nach dem Lockdown ein funktionierendes Test- und Tracing-System. Dieser Lockdown soll nicht nur dazu dienen, das Virus wieder unter Kontrolle zu bringen, sondern auch dazu, gemeinsam mit allen Bundesländern, Städten und Gemeinden die nötigen Schritte für die Zeit danach zu setzen. Eine Perspektive zu entwickeln, eine Perspektive für danach.“

„Hoffnung und Mut werden siegen“
In seinem Schlusswort richtete sich Van der Bellen wieder an die Allgemeinheit, die Österreicherinnen und Österreicher und alle, die im Land leben: „Das Virus überträgt sich von Mensch zu Mensch. Aber auch Mut und Hoffnung übertragen sich von Mensch zu Mensch. Und die Hoffnung und der Mut werden siegen. Helfen Sie dabei mit. Machen wir es gemeinsam.“

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