Viele Problemfelder

USA: Was die Welt von Joe Biden erwarten könnte

Ausland
02.11.2020 06:00

Sollte Donald Trump abgewählt werden, würde er viele Problemfelder hinterlassen. Die wohl dringendste Aufgabe eines Präsidenten Joseph Robinette Biden wäre, verloren gegangenes Vertrauen und Berechenbarkeit wiederherzustellen. Zu reparieren, was Trump sonst noch alles zerstört hat, grenzt an die Aufgabe von gleich zwei Nachfolgepräsidenten. So sehen die Problemfelder aus, die Trump hinterlassen würde:

China: Die größte Diktatur der Welt ist auch die nachhaltig größte Herausforderung der USA. Es würde daher unter Biden kein Zurück in alte Zeiten geben.

Die Trump-Regierung war die erste, die Chinas Verhalten als das eines nicht unbedingt fairen Rivalen eingestuft hat, das „eingedämmt“ werden müsse. An dieser Grundströmung ändert sich nichts, doch würde Biden das konfrontative Vorgehen vermeiden und gemeinsam mit Verbündeten versuchen, China (wieder) durch neue Abkommen in Bereiche einzubinden, wo Zusammenarbeit möglich ist. Das betrifft zum Beispiel den Abbau von Strafzöllen, die Peking mit Vergeltungszöllen beantwortet hat.

Spannend ist, ob auch eine Biden-Regierung darauf dringen würde, dass verbündete und befreundete Staaten keine Zusammenarbeit mit dem 5G-Ausstatter Huawei eingehen. Die deutsche Regierung hat deshalb ihre Entscheidung, die Signalwirkung haben würde, bis nach der US-Wahl hinausgeschoben.

Europa: Dort stehen die Türen für Biden sperrangelweit offen. Autozölle dürften nach Trump vom Tisch sein. Biden hat eine Rückkehr zum Pariser Klimaschutzabkommen angekündigt. Die Kündigungsfrist nach Trumps Austritt läuft am 4.11., also am Tag nach der Wahl ab, doch die Amtszeit von US-Präsidenten endet erst am 20. Jänner.

Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Kritik des US-Kongresses an vor allem Deutschlands geringen Militärausgaben (Stichwort: Trittbrettfahrer) sowie an der Erdgaspipeline North Stream 2 aufrecht. Joe Biden hat als regelmäßiger Besucher der Münchner Sicherheitskonferenz daraus nie ein Hehl gemacht.

Corona: Die Kündigungsfrist bei der Weltgesundheitsorganisation läuft am 16. Juli ab. Biden kündigte eine Rückkehr an; ebenso bei Impfstoffen eine Absage an „America First“ und Mitwirkung an einer globalen Anstrengung/Verteilung im Rahmen der UNO.

Iran: Biden würde nicht (sofort) zum Atomdeal zurückkehren, sondern versuchen, den Iran in einen neuen Deal einzubinden. Als Gegenleistung gäbe es einen Abbau bei den Sanktionen. Beide Seiten müssten nach außen hin hart auftreten, um innenpolitische Hürden überwinden zu können.

Russland: Bei den Demokraten herrscht tiefer Frust über Russlands Einmischung in den Wahlkampf 2016, der Hillary Clinton den Präsidentenjob gekostet haben könnte. Auch seither gab es keine Anzeichen, dass sich an Russlands konfrontativer Machtpolitik irgendetwas ändert.

Dennoch würde eine Regierung Biden versuchen, die Rüstungsbegrenzungsverträge mit der alten Sowjetunion wieder zu erneuern, die entweder ausgelaufen oder von Präsident Trump gekündigt worden waren (mit dem Argument der Verletzung durch Russland).

Nah- und Mittel-Ost: Obwohl Israel und Saudi-Arabien Trump nachtrauern würden, besteht keine „Gefahr“ eines Kurswechsels in Washington. Biden würde wenigstens einige Worte über Menschenrechtsverletzungen verlieren. An Militärabenteuern haben die USA nach all den Debakeln der letzten Jahrzehnte parteiübergreifend keine Lust.

Nordkorea: Biden würde mit Kim Jong Un in Dialog treten, falls sich dieser zum (schrittweisen?) Abbau des Atom- und Raketenarsenals bereit erklärt im Gegenzug zu Abbau der Sanktionen. Trumps Gipfeltreffen nennt er die nutzlose „Legitimierung eines Diktators“.

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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