Unter Protest

Berliner Flughafen BER nach neun Jahren eröffnet

Ausland
31.10.2020 15:12

Inmitten der Corona-Krise und mit neun Jahren Verspätung ist am Samstag mit den ersten beiden Landungen zweier Maschinen der neue deutsche Hauptstadtflughafen BER in Berlin eröffnet worden. Eine offizielle Feier gab es angesichts der Pandemie nicht, dafür zahlreiche Protestaktionen mehrerer Umweltorganisationen und Klimaschutz-Initiativen wie Fridays for Future.

Mit den ersten beiden Landungen einer Easyjet-Maschine vom Flughafen Tegel sowie eines Lufthansa-Flugs aus München wurde der Großflughafen BER offiziell eröffnet. Die Sondermaschinen brachten geladene Gäste zum neuen Terminal. Am Sonntag sollen dort die ersten Fluggäste einchecken. 

30 Jahre nach der Wiedervereinigung wird der Luftverkehr Berlins und Brandenburgs damit am Standort des früheren DDR-Flughafens Schönefeld konzentriert. Der Innenstadtflughafen Tegel schließt. Dort soll am 8. November die letzte Maschine abheben.

Synonym für Missmanagement
Der neue Großflughafen BER gilt als Synonym für Fehlplanung, Missmanagement, Aufsichtsversagen und milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern. Sechsmal wurde die Eröffnung verschoben. Die Kosten für den Bau und den Schallschutz der Anwohner verdreifachten sich auf rund sechs Milliarden Euro.

Wohl auch aus diesem Grund verzichteten die Betreiber Berlin, Brandenburg und der Bund auch auf eine Einweihungsparty. Ein zweites fertiges Fluggastterminal wird wegen des coronabedingten Einbruchs der Passagierzahlen vorerst gar nicht aufgesperrt, sondern geplantermaßen erst nächstes Jahr.

Ungebetene Gäste gab es am Samstag trotzdem, und zwar in Form von Klimaaktivisten, die unter anderem als Pinguine verkleidet gegen die Eröffnung protestierten. Es könne nicht sein, dass in Zeiten der Klimakrise ein neuer Riesenflughafen eröffnet werde, so der Tenor.

Bereits am Vormittag waren mehrere Aktivisten auf das Dach eines BER-Eingangsgebäudes geklettert, um ein Banner zu entrollen: „Flieger stoppen statt Klima schrotten“. Polizeibeamte ließen sie zunächst gewähren, holten sie aber nach rund einer Stunde mit einem Kletterteam herunter. Zwei weitere Personen, die ebenfalls auf das Dach gestiegen waren, seien bereits gleich zu Beginn der Aktion abgeführt worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Beamten hätten die Personalien aufgenommen und die Aktivisten anschließend ziehen lassen. Sie erwarte nun eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs.

Fluglinien starten mit verringertem Angebot
Das erste Flugzeug mit am BER eingecheckten Passagieren soll dann Sonntagfrüh in Richtung London abheben. Viele Fluggäste werden zum Start des neuen Berliner Hauptstadtflughafens aber nicht erwartet - mit einem entsprechend verringerten Angebot stellen sich die Fluggesellschaften darauf ein. Der bisher größte Anbieter in Berlin etwa, das britische Luftfahrtunternehmen Easyjet, hat sich mit den Gewerkschaften darauf geeinigt, die in Berlin im vergangenen Jahr stationierte Flotte von 34 Flugzeugen auf 18 zu reduzieren.

Die Fluggesellschaft bietet zum Auftakt 23 Strecken zu internationalen Zielen an, wie sie mitteilte. Im kommenden Jahr sollen es dann 70 Verbindungen sein. „Sollte die Nachfrage steigen, werden wir unser Flugangebot entsprechend ausweiten“, hieß es. Damit plant Easyjet für die Betriebsaufnahme am BER mit rund 180 Flügen in der ersten Woche. Im Jahr 2019 waren es demnach von den Berliner Airports Tegel und Schönefeld aus rund 250 Flüge am Tag.

Die AUA-Mutter Lufthansa hat keine eigenen Flugzeuge am BER stationiert. Sie nutzt den Flughafen vor allem als Ausgangspunkt für Langstreckenflüge mit einmaligem Umstieg an den Drehkreuzen Frankfurt oder München. Für den Start am BER plant die größte deutsche Fluggesellschaft mit lediglich 30 Flügen täglich - etwa halb so viele wie vor der Krise.

Die Lufthansa-Tochter Eurowings wiederum startet am 4. November erstmals vom BER, wie das Unternehmen mitteilte. 70 Flüge pro Woche will die Fluggesellschaft dann zunächst anbieten. Bei einem Großteil davon handelt es sich demnach um innerdeutsche Verbindungen. Von rund 300 geplanten Abflügen im Monat November gehen lediglich rund 16 ins Ausland. „Hier zeigt sich überdeutlich das Bild der Reiserestriktionen für die meisten Urlaubsländer Europas“, teilte ein Sprecher mit.

Auch die Billigfluggesellschaft Ryanair wird ihre Kapazitäten am BER für den Winterflugplan reduzieren, auf 40 Prozent des Vorjahres, wie das irische Unternehmen auf Anfrage mitteilte. Rund 27 internationale Strecken will die Laudamotion-Mutter Ryanair dann noch bedienen.

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hatte zuletzt mit insgesamt rund 5000 Fluggästen am Eröffnungstag des Flughafens am Hauptterminal T1 gerechnet. Mit der Tegel-Schließung eine Woche später würden am T1 dann rund 16.000 Passagiere abgefertigt. Weitere 8000 Fluggäste würden dann über den Flughafen Schönefeld reisen, der als Terminal 5 des BER dient. Das bereits fertiggestellte Terminal 2 wird angesichts dieser niedrigen Zahlen zunächst nicht gebraucht und soll deshalb erst im Frühjahr eröffnet werden.

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