Drama in Premstätten

Tiefe Trauer um Opfer: „Ich war so machtlos“

Steiermark
27.10.2020 08:00

Viele Kerzen leuchten an der Unfallstelle in Premstätten, Blumen wurden abgelegt - sie und verbrannte Erde zeugen von einem der furchtbarsten Unfälle, den wir in jüngster Zeit in der Steiermark hatten.

Wenn man den Tag beschreiben müsste, man würde ins Klischee abgleiten. Die Sonne schickt Wärme, die überraschend ist für den späten Oktober. Irgendwo brummt ein Insekt im Flug, die Marienkäfer sammeln sich auf einer warmen Mauer, um gemeinsam ein Winterlager zu suchen. Im Gasthaus, beliebt für seine gutbürgerliche Küche, ist die Terrasse gut gefüllt, die Leute genießen den lauen Herbsttag, essen, lachen. „Ich hab euch Aschenbecher hergestellt“, sagt die Kellnerin, die Gäste bedanken sich.

Und dann geht man einmal ums Eck - und ein Loch im Zaun kappt die feiertägliche Idylle wie ein heißes Messer, das durch Butter fährt. Eine klaffende Lücke ist das, hineingerissen in den Garten. Am Boden: verbrannte Erde, buchstäblich. Und trotz der Sonne wird es kalt. Als hätte jemand eine Käseglocke über das Szenario gestülpt, in der es innen friert. Nur wenige Stunden ist es her, da sind hier drei Menschen im Auto verbrannt. Eine Vorstellung, so horrend, dass man sie gar nicht fassen kann.

„Wollen Anteilnahme zeigen“
Kerzen, viele Kerzen. „Nicht, dass Sie glauben, wir sind Schaulustige“, bemühen sich Leute uns, völlig Fremden, sofort zu erklären. Ihr Auto stammt aus einem anderen Bezirk. „Wir wollen unsere Anteilnahme zeigen.“ Man glaubt es ihnen auch, alles hier ist so bedrückend.

Der Mops vom Haus gegenüber bellt, schon ganz heiser, weil er anschlägt, wenn jemand stehen bleibt. Und es sind viele. Radfahrer, „schau“, sagt der Mann im flotten Trainingsoutfit zu seiner Frau, „da ist es passiert“. „Bitte fahr weiter“, sagt sie. Sie spürt sie auch, die Kälte. Der Hund verstummt, es ist ihm zu viel.

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Mein vollster Respekt gilt jenen Leuten, die die Beifahrerin aus dem Auto gezogen haben. Sie sind echte Helden.

Gernot Pölzl, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Zettling

„Schau nicht ins Auto“, sagten die Kollegen
Es ist eine schnürlgerade Straße, auf der der Unfall in der Nacht auf Samstag passiert ist; mit dieser einen verdammten Kurve, wo das Auto in den Betonpfeiler krachte. „Da ist alles zusammengekommen, was an Schlechtem zusammenkommen kann“, sagt Feuerwehrkommandant Gernot Pölzl. Er und seine Kollegen haben schon öfter alte Fahrzeuge in Brand gesetzt, um Löschmethoden zu üben. Dass ein Auto aber so schnell Feuer fängt, so intensiv, das kennt Pölzl nicht, „das kann sich auch keiner von uns erklären“.

Der Steirer war als Erster beim Löschen, war aus dem Bett gesprungen, als er die Sirene hörte. In kurzer Hose, mit T-Shirt und dem Feuerlöscher, den er selbst im Auto hatte, sprühte er und sprühte. „Und dann ist der leer gewesen. Und du musst da stehen vor dem Auto und zuschauen, wie es brennt, kannst nix machen. Die kurze Minute, die meine Kollegen gebraucht haben, sie waren für mich wie Stunden.“ „Schau nicht rein ins Auto“, haben sie nachher zu ihm gesagt.

Wir frösteln. An diesem überraschend warmen Tag.

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