Unterschätzter Trump

US-Botschafter sicher: „Das Rennen ist noch offen“

Ausland
23.10.2020 16:54

US-Botschafter Trevor Traina hat Mut bewiesen und sich nur wenige Tage vor der Wahl einer Journalistenrunde gestellt. Natürlich ging es um seinen Dienstherrn Donald Trump. Und um das Rennen ums Weiße Haus, dessen Ausgang für Traina noch völlig offen ist.

Der Botschafter warnt aus früheren Wahlerfahrungen vor den Umfragen und sieht ein offenes Rennen. „Jeder, der etwas anderes sagt, lügt“, unterstreicht der kalifornische Republikaner und mutmaßliche Anhänger von Trump.

Mutmaßungen, wonach sich Trump in der Wahlnacht frühzeitig zum Sieger ausrufen könnte und das Endergebnis nicht anerkennen wolle, schloss Traina aus: „Da habe ich null Besorgnis.“ Er vertraue zu hundert Prozent dem demokratischen System der USA.

Wir sind eben selbst unsere größten Kritiker“
Für die von Trump öfters geäußerten Zweifel über das Briefwahlsystem zeigt Traina Verständnis. Die Österreicher hätten bei der Bundespräsidentenwahl 2016 selbst gesehen, dass dieses fehleranfällig sein könne. „Wir sind eben selbst unsere größten Kritiker“, meinte der Diplomat, „und diese Dinge werden eben diskutiert und analysiert.“

Der amtierende Präsident werde in Österreich oft unterschätzt, wiederholte der US-Botschafter einmal mehr. So würden seine außenpolitischen Erfolge wie Friedensschlüsse in Nahost oder Einigungen zwischen Serbien und dem Kosovo nicht genügend gewürdigt.

„Trump hat als Erster Warnglocke gegenüber China geläutet“
Als Trump das Amt übernommen habe, sei etwa der IS in manchen Regionen „stärker gewesen als manch echter Staat“. Heute aber „redet keiner mehr darüber“. Bezüglich Asien habe Trump als Erster zu Recht die Warnglocke gegenüber China geläutet. Zuvor habe der Westen geradezu naiv mit China Handel betrieben oder Produkte dorthin verkauft und übersehen, dass China nur danach trachte, mit ebendieser Technologie dem Westen dann Konkurrenz zu machen. Zudem habe die Führung in Peking im Umgang mit Hongkong gezeigt, dass sie sich nicht an jene Abkommen halte, die seinerzeit mit Großbritannien vereinbart worden seien.

Von Impfstoff „nur ein paar Wochen entfernt“
Und in den USA habe Trump in den Zeiten vor der Corona-Pandemie die Wirtschaft in Schwung gebracht und die Arbeitslosigkeit gesenkt wie kaum ein anderer Präsident zuvor, auch für Schwarze und Minderheiten. Selbst das Corona-Management sei viel besser gelaufen, als es oft dargestellt werde. So gebe es enorme Investitionen ins Gesundheitssystem („Nicht nur in den USA, sondern auch in Entwicklungsländern“). Zudem würden „Billions and Billions“ in die Entwicklung eines Impfstoffs gesteckt, von dem man mittlerweile nur noch „ein paar Wochen“ entfernt sei.

„Wald-Städte waren komische Übersetzung“
Auch die viel belächelte Aussage Trumps über Österreichs „Wald-Städte“ sei nicht zuletzt durch schlechte Übersetzungen aus dem Englischen etwas komisch rübergekommen, mahnte Traina Political Correctness ein. „Mich hat es sehr gefreut, dass er das gesagt hat. Weil es zeigt, dass ihm sofort Österreich eingefallen ist, als es um das Thema Umwelt ging.“ Immerhin habe Trump im Vorjahr mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei dessen Besuch über Themen wie erneuerbare Energien gesprochen. „Was Trump gemeint hat, ist, dass es in Österreich ein gutes Forstmanagement gibt.“

Das könne er nur bestätigen, ergänzte Traina. „Ich gehe hier gerne wandern und sehe, wie gut die Wälder in Schuss sind, wie die Forstwirtschaft funktioniert.“ In Kalifornien sei das zuletzt nicht der Fall gewesen. Daher hätten meterhohe Schichten trockener Blätter und Zweige die dortigen Waldbrände explosionsartig befeuert. Trump habe Österreich also als positives Beispiel gebracht. „Es ist nicht so, dass er glaubt, dass sich die Österreicher wie die ,Ewoks‘ im Film ,Star Wars‘ von Baum zu Baum schwingen.“

Er selbst würde gerne noch länger seine 2018 begonnene Botschaftertätigkeit fortsetzen, hielt Traina bezüglich seiner eigenen Pläne fest. In den vergangenen zweieinhalb Jahren sei es ihm gelungen, die politischen und diplomatischen Kontakte zwischen Österreich und den USA deutlich zu intensivieren. So hätte Kanzler Kurz als erster Regierungschef heuer eigentlich zum zweiten Mal ins Weiße Haus kommen sollen, wäre nicht die Pandemie dazwischengekommen.

„Ich schätze Österreich“
„Ich schätze Österreich und ich repräsentiere und diene Amerika“, hält der Botschafter fest. Seine Entsendung sei zudem vom US-Senat einstimmig, also auch von demokratischen Abgeordneten, beschlossen worden.

Kurt Seinitz, Edgar Schütz

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