Mitstreiter gesucht

Abschiebung droht: Steirer will Republik klagen

Steiermark
21.10.2020 07:00

Den negativen Asylbescheid von Vorzeige-Lehrling Raziq samt damit verbundener Abschiebung will sein Arbeitgeber Franz Matauschek nicht hinnehmen. Der Kapfenberger plant, als Erster in diesem Zusammenhang die Republik Österreich zu klagen. Da Hunderten Wirtschaftstreibenden und ihren Lehrlingen in naher Zukunft ähnliche Schicksale drohen, hofft der Steirer auf breite Unterstützung von anderen Betroffenen. „Man muss nicht alles hinnehmen“, meint Matauschek.

„Wild und Leber, wenn das auf den Tisch kommt, freut sich Raziq besonders. Und Reisgerichte, die liebt er auch, damit ist er ja aufgewachsen“, erzählt Huberta Maier aus Thörl. Sie ist eine von vielen Steirerinnen und Steirern, die für den 21-jährigen Afghanen Herz und Tür geöffnet haben. „Nachdem unsere drei Kinder ausgezogen sind, ist viel Platz im Haus frei geworden. Also beschlossen mein Mann und ich, Raziq aufzunehmen“, berichtet die 58-Jährige. Für das Paar eine „Selbstverständlichkeit", anderen etwas zurückzugeben, vor allem wenn das Leben es mit einem selber stets recht gut gemeint hat.

Raziq gehört zu den besten fünf Prozent
Auch Franz Matauschek ging bisher wenig ab. In vierter Generation führt er mit seiner Frau in seiner Heimatstadt Kapfenberg erfolgreich eine Glas- und Aluminium-Manufaktur, er ist Vater von zwei Söhnen, auf sein 67-köpfiges Team aus insgesamt 19 verschiedenen Nationen und das gute Miteinander ist er stolz.

Dass er schon bald auf einen seiner besten Lehrlinge verzichten soll, bringt den 49-Jährigen nun aber ordentlich aus der Spur: „Raziq ist seit 2017 in meinem Betrieb und macht eine Ausbildung zum Metallbearbeiter. Ich habe schon mehr als 100 Lehrlinge ausgebildet, aber Raziq gehört sicher zu den besten fünf Prozent. Er hat nicht nur Biss, er ist auch freundlich, spricht perfekt Deutsch und ist im Team sowie in der Region gut integriert“, sagt der Obersteirer.

Wut über das hohe Maß an Unmenschlichkeit
All das hatte auf das Asylverfahren des 21-Jährigen anscheinend keine Auswirkung. Vor Kurzem kam der Bescheid: zweite Instanz, wieder negativ. „Das ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch menschlich ein kompletter Irrsinn“, schüttelt Matauschek den Kopf. „Zuerst investiere ich in junge Menschen viel Zeit und Geld, um diese dann in ein Flugzeug zu setzen und in ein Land abzuschieben, in dem sie keine Heimat mehr finden und mit ihrer Ausbildung nichts anfangen können. So viel Unmenschlichkeit macht mich betroffen.“

Hunderte Betroffene
Raziqs Schicksal ist kein Einzelfall. Tatsächlich droht Österreich in naher Zukunft Hunderte fertig ausgebildete, junge Arbeitskräfte zu verlieren. Viele davon noch dazu in sogenannten Mangelberufen. „In der Steiermark sind aktuell 72 Asylwerber in Lehre“, weiß Irmgard Rieger von der Caritas. Die Hilfsorganisation übt regelmäßig Kritik an der gängigen Abschiebepraxis.

Hoffnung auf möglichst viele Mitstreiter
Franz Matauschek will sich mit der bestehenden Gesetzeslage nicht abfinden und nun als Erster in diesem Zusammenhang die Republik Österreich klagen: „Ich habe nicht nur menschlich, sondern auch finanziell in Form von Löhnen und Versicherungszahlungen viel in Raziq investiert. Man muss nicht alles akzeptieren und stillschweigend hinnehmen“, betont Matauschek, der auf Unterstützung anderer Betroffener hofft.

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