Guten Morgen

Milchglas | Leeres Glas

Wissen Sie, wie viele Menschen sich zuletzt in Fußballstadien mit Corona infiziert haben? Nein? Sie sind nicht allein, kein Mensch weiß das. Als die Regierung jüngst neben anderen Einschränkungen die Halbierung der erlaubten Stadionbesucherzahl verkündete, blieb sie eine  faktische Entscheidungsgrundlage dafür nämlich schuldig, schreibt heute Klaus Knittelfelder in seinem Kommentar. Dies mag ein ausgesprochen harmloses Beispiel für die Nicht-Begründung mitten im Leben stattfindender Politik sein, allein: Es ist symptomatisch. Denn wir - die Betroffenen und Financiers aller Corona-Maßnahmen  -  wissen auch nach Monaten der Krise noch viel zu wenig darüber, was wann und warum gemacht wird. Und manche Bereiche sind dann schon weniger harmlos: Noch nie nahm der Staat so viel von unserem Einbezahlten in die Hand, um Unternehmen zu retten. Rund 30 Milliarden Euro davon stecken in einer eigens dafür  gegründeten  Finanzierungsagentur, deren Tun im Verborgenen bleibt. Der Steuerzahler erfährt vom Finanzminister so gut wie gar nicht, was genau mit seinem Geld passiert, von der AUA-Rettung bis zum Kindergartenausbau in Trumau.  Parlamentarische Anfragen werden weggewischt, die Einführung eines überfälligen Corona-Kontrollausschusses scheitert seit sieben Monaten (!) an einem Patt zwischen den Regierungsparteien und der Opposition. Besonders bitter: Kurz vor der Krise wurde auf Geheiß der Grünen im Regierungsprogramm  vollmundig der „gläserne Staat“ versprochen. Geworden ist es leider nur ein milchgläserner.

Der sich auch munter in die Lieblingswohnzimmer außerhalb der Wohnzimmer der Österreicher einmischt. Erst vier, dann zehn, jetzt sechs Personen pro Tisch beim Wirt. Erst keine Maske für Kunden, jetzt überall, außer am Tisch. Erst Gesichtsvisiere, um den Gast mit einem Lächeln zu begrüßen, nun ein drohendes Verbot aus Hygienegründen. Vom verordneten Zusperren und Discos, in denen nicht getanzt werden darf, gar nicht zu sprechen, meint unsere Redakteurin Teresa Spari: Kaum eine Branche hat sich seit März so häufig auf neue Regeln einstellen müssen wie die Gastronomie. Die größte Angst: „Eine Vorverlegung der Sperrstunde“, sagt Sprecher Mario Pulker. Die liegt derzeit bei 1 Uhr österreichweit. Im Westen, wo um 22 Uhr Schluss ist, sperren manche Bars erst gar nicht auf. Spätestens zum Ende des Jahres rechnen Kreditschützer mit einer Pleitewelle. Im September waren 45.476 Gastro-Mitarbeiter  arbeitslos - 40 % mehr als  vor einem Jahr. In Wien sind 50 % der Hotel- und Gastrobetriebe zumindest vorübergehend geschlossen.

Die Wintersaison, wenn sonst händeringend Mitarbeiter gesucht werden, wackelt: „Wenn wir die Reisewarnungen nicht wegbekommen, haben wir ein Riesenproblem“, sagt Pulker. Um das zu verhindern, kooperieren die Wirte. Begrenzen die Gästezahlen, erstellen Hygienekonzepte und sammeln kistenweise Registrierungszettel. „7000 am Tag“, erzählt Pulker von einem Fall, „weil die Stammgäste drei- bis viermal am Tag zum Kaffee kommen und jedes Mal einen neuen Zettel brauchen.“ Der Aufwand sei immer noch besser, als die Gäste bleiben ganz aus, womit wir am Ende beim leeren Glas wären.

Einen guten Tag!

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