„Je suis Prof“

Lehrer ermordet: Großdemonstration in Paris

Ausland
18.10.2020 16:21

Tausende Menschen haben sich am Sonntagnachmittag nach der brutalen Ermordung eines Lehrers bei einem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag zu einer Solidaritätsdemonstration in Paris versammelt. Um 15 Uhr klatschten die Menschen minutenlang auf der Place de la République im Osten der Innenstadt. Viele hielten Schilder, auf denen „Je suis Prof“ oder „Je suis enseignant“ (deutsch: Ich bin Lehrer) stand, in die Höhe. Der Platz war dicht gefüllt.

Auch die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ hatte sich Demo-Aufrufen der Organisation SOS Racisme und von Lehrergewerkschaften angeschlossen. Im ganzen Land gingen Zehntausende Menschen auf die Straße, auch in Großstädten wie Marseille und Bordeux. Der Platz der Republik im Pariser Osten ist ein symbolischer Ort - bereits nach der Terrorserie im Jänner 2015, zu der auch der Anschlag auf „Charlie Hebdo“ zählte, gedachten dort Menschen aus ganz Frankreich der Opfer. Seitdem ist der Platz zu einem zentralen Ort der Anteilnahme nach Terroranschlägen geworden.

Der Lehrer wurde am Freitagnachmittag aus mutmaßlich islamistisch-terroristischem Motiv von einem 18-Jährigen tschetschenischer Herkunft enthauptet. Der Angreifer, der zuvor noch mit seiner Tat im Internet geprahlt hatte, wurde erschossen. Elf Verdächtige wurden mittlerweile verhaftet. Der getötete Pädagoge Samuel Paty hatte zuvor im Unterricht Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt und besprochen.

„Ich bin hier, um die Meinungsfreiheit zu verteidigen, die Freiheit der Lehre“, sagt die 61-jährige Muriel. Sie sei Lehrerin, aber auch gleichzeitig Bürgerin. In ihrer Hand hält sie ein Schild, auf dem „Je suis enseignant.e“ steht - zu deutsch: „Ich bin Lehrer/in“. Damit erinnerte sie wie viele andere an das Schlagwort „Je suis Charlie“. Es prägte die Zeit nach dem verheerenden Mordanschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ 2015. Ein junger Mann namens Valentin hält ein Schild mit den Mohammed-Karikaturen des Satireblatts in die Höhe. „Wenn ein Lehrer angriffen wird, wird die Republik angegriffen“, sagt er. 

Demo trotz Corona genehmigt
Die brutale Attacke trifft Frankreich mitten in der zweiten Corona-Welle, von der das Land schwer getroffen ist. In Paris gilt die höchste Warnstufe, hier sind Versammlungen von mehr als 1000 Menschen eigentlich verboten. Berichten zufolge hat die Pariser Polizeipräfektur die Demonstration genehmigt. Präsident Emmanuel Macron hatte die Tat als islamistisch motivierten Anschlag bezeichnet.

Für Sonntagnachmittag war ein Verteidigungsrat unter Macrons Vorsitz angesetzt - dabei sollte laut Medien über weitere Maßnahmen im Kampf gegen islamistische Radikalisierung beraten werden. Am Mittwoch will Frankreich mit einer nationalen Gedenkfeier an den brutal getöteten Lehrer erinnern.

Regierung will Lehrer besser schützen
Premierminister Jean Castex sagte der Zeitung „Journal du Dimanche“, die Regierung arbeite an einer Strategie, um die Lehrer besser zu schützen. „Ich will, dass die Lehrer wissen, dass nach dieser gemeinen Tat das ganze Land hinter ihnen steht.“ Die Tragödie betreffe jeden in Frankreich, denn mit diesem Lehrer sei die Republik angegriffen worden.

Finanzminister Bruno Le Maire will nun die Finanzflüsse einiger islamistischer Vereine schärfer kontrollieren. „Es gibt ein Problem bei der Finanzierung einer Reihe von islamistischen Vereinen, hier können und müssen wir es besser machen“, sagte Le Maire dem Sender France 3 Television. Als Beispiel nannte er Kryptowährungen.

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