Entsetzen und Trauer

Lehrer enthauptet: Täter hatte Flüchtlingsstatus

Ausland
17.10.2020 21:19

Schock und tiefes Entsetzen in Frankreich: Wieder hat ein Angreifer wegen Mohammed-Karikaturen auf brutalste Weise zugeschlagen. Der Täter hat in einem Pariser Vorort einem Lehrer aufgelauert und ihn enthauptet. Die Republik sei vom islamistischen Terrorismus in ihrem Herzen getroffen worden, erklärte Premierminister Jean Castex am Samstag. Es gab mehrere Festnahmen. Zahlreiche Menschen gingen im ganzen Land aus Solidarität mit dem Getöteten auf die Straße.

Bei dem mutmaßlichen Angreifer handelt es sich laut Staatsanwalt Jean-François Ricard um einen 2002 geborenen Mann russischer und tschetschenischer Herkunft. Er sei als Flüchtling nach Frankreich gekommen und habe seit diesem Frühjahr eine Aufenthaltsgenehmigung. Dem Geheimdienst sei der in Moskau geborene Mann bisher nicht aufgefallen. Die Polizei erschoss den Mann kurz nach der Tat.

Nach der Ermordung des Lehrers Samuel Paty hatte der Angreifer noch ein Foto des Opfers im Netz veröffentlicht und richtete eine Nachricht an Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, den er als „Anführer der Ungläubigen“ bezeichnete. „Ich habe einen Ihrer Höllenhunde hingerichtet, der es wagte, Mohammed herabzusetzen“, zitierte Staatsanwalt Jean-Francois Ricard am Samstag aus dem Tweet. Twitter teilte mit, der Beitrag sei rasch entfernt, der Account sei gesperrt worden.

Täter sprach Schüler auf der Straße an
Der Vorfall hatte sich am späten Freitagnachmittag im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine ereignet. Dort tötete der Angreifer den 47 Jahre alten Lehrer - seine Leiche wurde enthauptet und mit zahlreichen Wunden an Oberkörper und Kopf aufgefunden. In der Nähe des Tatorts fanden die Ermittler zudem ein rund 30 Zentimeter langes blutverschmiertes Messer.

Staatsanwalt Ricard berichtete, dass der Täter auf der Straße Schüler angesprochen habe, damit sie ihm den Lehrer zeigten, auf den er es abgesehen hatte. Dem Angriff seien bereits Drohungen gegen den Lehrer und die Schule vorausgegangen. Der Lehrer hatte Anfang Oktober im Rahmen des Unterrichts das Thema Meinungsfreiheit aufgegriffen. Anlass war die erneute Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen seitens des Satiremagazins „Charlie Hebdo“. Der Lehrer zeigte im Unterricht entsprechende Karikaturen, warnte seine Schüler aber und gab jenen, die es nicht sehen wollten, frei, den Unterricht zu verlassen. Diese Warnung vor seinem Vorhaben verpasste aber offenbar eine Schülerin - sie blieb und beschwerte sich bei ihren Eltern.

Vater hetzte gegen Lehrer
Daraufhin veröffentlichte ein Vater Posts in sozialen Netzwerken, beschwerte sich bei der Schulleitung und machte gegen den Lehrer mobil. Der Vater wurde Medien zufolge von einem bekannten Islamisten in die Schule begleitet, der nun wie der Vater ebenfalls in Polizeigewahrsam ist.

Bildungsminister Jean-Michel Blanquer bezeichnete die Tat als Angriff auf die Trennung zwischen Religion und Kirche. „Es gibt eindeutig Feinde der Republik, sie sind gegen die Republik und damit gegen die Schule, denn die Schule ist das Rückgrat der Republik“, sagte er. Frankreich hat eine lange laizistische Tradition, Kirche und Staat sind seit mehr als 100 Jahren getrennt. In der Verfassung für die fünfte Republik von 1958 ist zudem die Religionsfreiheit festgeschrieben.

Macron: Bildung gegen Islamismus
Präsident Macron hatte bereits kurz nach der Tat von einem islamistischen Terrorakt gesprochen. Es sei kein Zufall, dass ein Terrorist ausgerechnet einen Lehrer ermordet habe, weil er das Land in seinen Werten habe angreifen wollen, sagte der sichtlich getroffene Staatschef in der Nähe des Tatorts. Eine nationale Gedenkveranstaltung sei geplant, hieß es aus dem Präsidialamt.

Im Kampf gegen radikalen Islamismus hatte Macron zuletzt vor allem auf die Bildung als zentrales Element gesetzt. Der Fernunterricht von Kindern, die zu Hause bleiben, soll etwa vom kommenden Sommer an strikt eingegrenzt werden. Unterricht sei vom Alter von drei Jahren an verpflichtend. „Die Schule bildet den freien Geist, aufgeklärte Bürger - und genau das ist es, was die Islamisten, die von Dummheit, Unwissenheit, Indoktrination und Hass leben, nicht tolerieren können“, sagte die Beigeordnete Ministerin im Innenministerium, Marlène Schiappa, dem Sender Franceinfo.

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