Tiroler Seele brodelt

Politiker „übersahen“ Sperrstunde: „War Dummheit!“

Tirol
18.10.2020 09:00

Eine illustre Runde von Politikern hat in Tirol die Corona-Sperrstunde „übersehen“: Am Donnerstag, nach dem offiziellen Ende der Landtagssitzung, setzten sich hauptsächlich Abgeordnete der Tiroler ÖVP im Foyer des Congress Innsbruck auf ein Glas Wein zusammen. Der Haken dabei: Eine Uhr im Hintergrund zeigte an, dass die Sperrstunde von 22 Uhr bereits überschritten war. Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann entschuldigt sich für die „übersehene Sperrstund‘“. Die Volksseele brodelt freilich dennoch.

Auf dem Bild zu sehen sind Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann, Landesrat Johannes Tratter, Klubchef Jakob Wolf, die Abgeordneten Stefan Weirather und Barbara Schwaighofer und SPÖ-Chef Georg Dornauer. Detail am Rande: Genau diese Herren und Damen haten kurz zuvor dafür gestimmt haben, die Sperrstunde in Tirol bei 22 Uhr zu belassen, trotz des Bittens und Bettelns der Gastronomie und Hotellerie.

„Diese Doppelmoral ist zum Kotzen“
Zahlreiche Reaktionen löste der „Krone“-Bericht über die „übersehene“ Sperrstunde aus: Mehrfach tauchte die Frage auf, ob denn Politiker sich nicht an die von ihnen beschlossenen Verordnungen und Gesetze halten müssen? „Diese Doppelmoral ist zum Kotzen“, kommentierte ein sehr hoher ÖVP-Funktionär das Verhalten „seiner Parteifreunde“. Und: „Verhält sich das Coronavirus bei Politikern anders als bei der Bevölkerung? Wasser predigen, aber Wein trinken stimmt hier wirklich!“, lautete der allgemeine Tenor.

Mittendrin bei diesem Treffen auch Tirols ranghöchste Politikerin, Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann. Sie betonte am Samstag am Telefon gegenüber der „Krone“ hörbar zerknirscht: „Das war ohne Frage ein Fehler und eine Dummheit, die am Rande der dreitägigen Landtagssitzung passiert ist, aber nicht passieren darf. Die Bevölkerung erwartet sich zu Recht, dass die Politik mit gutem Beispiel vorangeht. Das war hier zweifellos nicht der Fall. Dafür möchte ich mich entschuldigen und auch gleichzeitig versichern, dass so etwas nicht mehr vorkommen wird.“

„Alles andere als gut für uns“
Während Ledl-Rossmann Anstand und Charakter zeigte, blieben andere Teilnehmer, etwa Landesrat Johannes Tratter oder VP-Klubchef Jakob Wolf, „schmähstad“. Apropos: Auch vom ansonsten stets einen lockeren Spruch parat habenden Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer, der auch mit dabei war, war am Samstag nichts zu hören.

Hinter den Kulissen, so wird gemunkelt, sollen einige VP-Granden über dieses alles andere als vorbildliche Verhalten mächtig „Dampf abgelassen“ haben. So meinte ein VP-Politiker, der nicht genannt werden will, gegenüber der „Krone“: „Jetzt sind die Wirte, Hoteliers und Teile der Bevölkerung wegen der vielen Regelungen eh schon angefressen, dann so etwas. Das ist alles andere als gut für uns.“

Schwacher Trost: Noch unangesehener als bereits derzeit kann der Beruf des Politikers eh kaum werden. Er befindet sich auf der Skala der unbeliebtesten Berufe seit vielen Jahren ganz oben.

Claus Meinert, Kronen Zeitung/krone.at

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