Schulden bleiben hoch

Antwort auf Corona: Budget „teuer, aber leistbar“

Politik
14.10.2020 10:31

Kurz und knapp: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat in seiner ersten Budgetrede am Mittwoch die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise als bewältigbar geschildert. „Die budgetäre Antwort auf die Covid-Krise ist teuer, aber wir können sie uns leisten.“ Die verlässliche Politik der Vergangenheit rette nun die Arbeitsplätze der Zukunft, sagte der Finanzminister im Nationalrat. Gerüchte über einen weiteren Lockdown wies der Minister indessen zurück: „Es ist kein Lockdown geplant, das ist ein Faktum.“ Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekräftigte in einer schriftlichen Stellungnahme zum Budget, dass nun die „Weichen für eine erfolgreiche Krisenbewältigung“ gestellt seien.

Für die Bewältigung der Corona-Krise stehen laut Blümel heuer und im kommenden Jahr 50 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein guter Teil davon sind allerdings Haftungen und Steuerstundungen, bei denen die Regierung mit Rückflüssen in Milliardenhöhe rechnet: Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerstundungen (6,6 Milliarden Euro) nur zu maximal einem Fünftel, die Haftungen (6,7 Milliarden Euro) zu 30 Prozent schlagend werden. Betont wurde vom Finanzminister, dass es gelungen sei, der Wirtschaft via Konjunkturpaket „rasch und kraftvoll“ zu helfen. Für Arbeit und Beschäftigung seien heuer und kommendes Jahr 29 Milliarden Euro reserviert worden. Damit würden nicht nur Zigtausende Arbeitsplätze gesichert, sondern auch Perspektiven für die Zeit danach geschaffen.

Auch Kanzler Kurz kommentierte das Budget bereits und erklärte: „2021 wird ein Dreikampf: der Kampf um jeden Covid-Patienten, der Kampf um jeden Betrieb und der Kampf um jeden Arbeitsplatz.“ Gerade jetzt müsse man „massiv in Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort investieren“, betonte Kurz. Deshalb werde 2021 mehr Geld für Arbeit und Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft und Forschung, Digitalisierung, Familien und Ökologisierung sowie Klima- und Umweltschutz bereitgestellt, um gut aus der Krise zu kommen und Österreich auf Wachstumskurs zu bringen.

Mehr Geld für Tanner, Gewessler, Nehammer und Faßmann
Mehr Geld gibt es, wie bereits im Vorfeld durchgesickert, für Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) - allein in das ÖBB-Netz werden von 2021 bis 2026 17,5 Milliarden Euro investiert - und Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Hier sind unter anderem zusätzlich knapp 1,2 Milliarden Euro für die Universitäten von 2022 bis 2024 vorgesehen. Tanner kann sich über 204 Millionen Euro mehr im kommenden Jahr freuen und sprach in einer Reaktion vom „höchsten Budget in der Geschichte unseres Heeres“. Und auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) freute sich über das „größte Sicherheitsbudget aller Zeiten“. Die zusätzlichen 215 Millionen Euro will das Ressort im kommenden Jahr unter anderem in mehr Personal und bessere Ausrüstung investieren.

Das Budget für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) steigt ebenfalls stark - vor allem dank des 365 Millionen Euro schweren NPO-Fonds. Das Außenministerium erhält im Budget 2021 um 53,9 Millionen Euro mehr Geld als im ursprünglichen Budgetvoranschlag vorgesehen. Vor allem die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds (AKF) und die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) werden erhöht, wie aus dem Budgetbericht hervorgeht. Für den AKF gibt es demnach um 27,5 Millionen Euro mehr als im Voranschlag geplant, für die EZA um elf Millionen mehr. Dazu kommen noch zusätzliche 12,7 Millionen Euro für Maßnahmen im IT- und Sicherheitsbereich.

Blümel nutze seine Rede, um die diversen von der Regierung geschnürten Pakete zu würdigen und auch hervorzustreichen, an wen man besonders gedacht habe: Alleinerzieher, Alleinverdiener, Frauen und grundsätzlich jene mit Jahreseinkommen zwischen 15.000 und 25.000 Euro seine jene Gruppen, die am meisten profitierten. Dass man also verstärkt kleine und mittlere Einkommen berücksichtigt habe, sei „nicht nur volkswirtschaftlich wichtig, sondern auch moralisch richtig“.

Ungewöhnlich an der Budgetrede waren indessen nicht nur die hohen Defizitzahlen, die Blümel berichten musste, sondern auch die Kürze der Ansprache. Gerade einmal 31 Minuten brauchte der Finanzminister, um stringent zusammenzufassen, wie sich für ihn die nähere, aber auch fernere budgetäre Zukunft darstellt. Das vorgelegte Budget 2021 sieht demnach ein Defizit von 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Eine weitere Steuerreform ist im Finanzrahmen bis 2024 nicht eingepreist. Dennoch betonte Blümel, am Termin 2022 festzuhalten.

Staatsschulden schnellen schon heuer auf 84 Prozent hinauf
Die seit 2015 deutlich gesunkenen Staatsschulden sollen schon heuer von 70,5 auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung hochschnellen, 2021 auf 84,8 steigen, 2022 mit 85 Prozent einen neuen Rekordwert erreichen und dann wieder leicht sinken. Das Defizit soll heuer 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, im kommenden Jahr 6,3 und 2022 3,5 Prozent. Die auf EU-Ebene vorgegebene Drei-Prozent-Grenze würde laut jetziger Planung erst 2023 (-1,9 Prozent) wieder unterschritten.

Neben dem Bund werden kommendes Jahr auch die Länder und Gemeinden neuerlich Verluste schreiben. Das Finanzministerium schätzt das Defizit der Länder auf 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung, jenes der Gemeinden auf 0,2 Prozent. Gemeinsam mit 5,7 Prozent Bundesdefizit ergibt sich daraus das gesamtstaatliche Minus von 6,3 Prozent des BIP.

Bedenken wegen der steigenden Staatsschulden konterte Blümel mit Verweis auf die aktuell niedrigen Zinsen. Außerdem werde der Schuldenabbau schneller gehen als nach der Finanzkrise: „Wir gehen davon aus, dass wir nach dieser Krise nicht wieder zehn Jahre brauchen, um von den Schulden herunterzukommen.“ Neue Steuern brauche es dafür nicht, so Blümel: „Man kann es mit einer soliden Haushaltspolitik machen, mit einem guten standortpolitischen Mix, der zu Wachstum führt.“

Größte Unsicherheit bei Pandemieentwicklung und Wintertourismus 
Grundlage des Budgets ist die jüngste WIFO-Prognose, die nach einer historischen Rezession (-6,8 Prozent) für kommendes Jahr wieder ein Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent vorsieht. Größte Unsicherheit ist laut Blümel daher die weitere Entwicklung der Pandemie und des Wintertourismus. Die Abhängigkeit vom Tourismus sei in Österreich so stark wie in wenigen anderen EU-Ländern. Daher müsse die Regierung möglichst alles tun, um die Infektionszahlen herunter- und die Reisewarnungen wegzubekommen, so Blümel.

Die für 2021 erwartete Pleitewelle hofft Blümel durch den bereits beschlossenen „Verlustrücktrag“ abwenden zu können. Der könnte aus seiner Sicht dazu führen, dass vielen Unternehmen die wegen der Corona-Krise gestundeten Steuern gänzlich erlassen werden, wenn sie die entsprechenden Verluste gegenrechnen. „Wir hoffen, dadurch einen Großteil der Insolvenzen und der Pleiten verhindern zu können.“ Beim Fixkostenzuschuss will Blümel weiter mit der EU-Kommission verhandeln, um eine höhere Fördersumme (aktuell maximal drei Millionen Euro) oder eine höhere Deckelung auch für größere Unternehmen (aktuell 70 Prozent) zu erreichen.

Blümel hält an Steuerreform fest
An der von ÖVP und Grünen für 2022 angekündigten zweiten Etappe der Steuerreform will Blümel festhalten, ebenso an der Abschaffung der „kalten Progression“. „Beides ist ein Thema. Ich hoffe, dass wir es so hinbekommen, wir wie es geplant haben“, betonte Blümel. Im Budget ist beides aber ebenso wenig abgebildet wie der für 2021 angekündigte Einstieg in die Ökologisierung des Steuersystems. „Die Verhandlungen laufen noch“, so der Finanzminister.

Die SPÖ hatte an den bisher zum Budget 2021 durchgesickerten Fakten kein gutes Haar gelassen. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner nannte den Voranschlag am Dienstag ein „Manifest der gebrochenen Versprechen“, Vize-Klubchef Jörg Leichtfried sprach Blümel sogar die notwendigen Fertigkeiten ab: „Er ist der inkompetenteste Finanzminister aller Zeiten.“

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