Alte Erinnerungen

Oscheniksee: „Wir haben rund um die Uhr gepumpt!“

Kärnten
12.10.2020 12:38

Mitten in den Hohen Tauern liegt der Oscheniksee. Einst zweittiefster natürlicher See Kärntens, ist er heute nicht nur ein schöner Bergsee, sondern wesentlicher Teil der Kraftwerksgruppe Fragant. Doch dafür musste das Gewässer vor 53 Jahren um 90 Meter abgesenkt werden.

„Ich hätte mir nie gedacht, dass ich nochmals hier herauf komme!“ In 2394 Metern Höhe, am Ufer des Oscheniksees, unterhalb des 2834 Meter hohen Bösecks ist der 83-jährige Michael Lußnig sichtlich bewegt. Ihm und seinen damaligen Kollegen haben wir es in Kärnten zu verdanken, dass rund um die Uhr Strom verfügbar ist.

Und Michael kennt sich aus als wäre es gestern gewesen: „Um den Oscheniksee für die Energieerzeugung nutzen zu können, mussten wir diesen absenken, denn der Einlauf der Stollen- und Schachtanlage lag 95 Meter unter dem natürlichen Wasserspiegel.“ Ein noch heute unglaubliches Unterfangen. Für einige war das sogar die größte Herausforderung beim Bau der Kraftwerksgruppe Fragant. „Es war eine harte Zeit, aber wir waren jung, voller Energie - und die Bezahlung war gut“, schmunzelt der Villacher: „Außerdem macht man so einen Job nur einmal im Leben, und der verbindet mich noch immer mit meinen damaligen Kollegen sowie der Kelag.“

Um den Oscheniksee im Winter 1967/68 leer zu pumpen, musste eine schwimmende Pumpstation errichtet werden. “Diese haben wir mitten im See verankert„, erinnert sich der 83-Jährige. Das Floß musste zwei Motoren mit je 400 kW-Leistung sowie zwei spezielle Panzerpumpen tragen, die normalerweise für die Kiesförderung verwendet wurden. „Die Pumpen sind rund um die Uhr gelaufen, bei jedem Wind und Wetter“, erzählt Michael.

Es war viel Tüftelei notwendig, denn aufgrund der großen Höhe und des dadurch geringeren atmosphärischen Drucks erreichten die gewaltigen Pumpen nicht die geforderte Pumphöhe von 105 Metern. Doch das Problem wurde gemeistert, wie viele andere auch. So musste bei arktischen Temperaturen auch das Zufrieren des Oscheniksees verhindert werden. Klappte es einmal nicht, waren Sprengmeister gefragt, die mit Dynamitpatronen meterdickes Eis aufbrachen.

Michael: „Selbst bei minus 25 Grad haben wir gearbeitet. Wir hatten damals nur Gummimäntel und primitives Werkzeug.“ Bei der Nachtschicht wurde in halbstündigen Intervallen gewechselt, denn immer mussten zwei Leute draußen die Pumparbeiten beaufsichtigen.

Heute ist der Oscheniksee ein Jahresspeicher der Kelag, 184 Meter tief, 600 Meter lang, 400 Meter breit und fasst 30 Millionen Kubikmeter Wasser. “Umgerechnet sind das 115 Millionen kWh Strom„, rechnet Robert Obweger von der Kraftwerksgruppe Fragant vor. Der Höhenunterschied zu den drei Turbinen mit bis zu 40 Megawatt Leistung im Kraftwerk Innerfragant beträgt mehr als eintausend Meter. Die Jahreserzeugung liegt aktuell bei 850 Millionen KWh Spitzenstrom.

Obweger: „Weil der natürliche Zufluss des Oscheniksees jedoch sehr gering ist, wird der Speicher in erster Linie mittels Pumpbetrieb gefüllt.“ Es war ein gewaltiges Vorhaben, das uns fünf Jahrzehnte später noch immer Strom liefert. 

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