Die Tabletten, mit denen sich vier ergraute „Vorstadtweiber“ und ein lästiger Sohnemann sedieren, sind postkastlgelb, rettungshubschraubergelb oder urinsteingelb – eines haben sie jedoch gemeinsam: Sie funktionieren nicht immer. Und so erhöhen die Nachbarinnen stetig die Dosis, während sie sich über ihre Vorgärten hinweg immer gefährlicher angiften
Pure Inszenierung
Landestheater-Schauspielchef Stephan Suschke bringt die Zuschauer in seiner puren Inszenierung des Auftragswerks „Die Sedierten“ von Martin Plattner ganz nah dran an die Misere der vereinsamten „Restlebensverwalterinnen“, die nicht mit und nicht ohne Außenwelt können. Momme Röhrbein schuf die passende Bühne mit sozial distanzierten Wohnkuben, in denen sich von Vorhängen kaum verdeckt menschliche Dramen abspielen. Das Publikum in den Linzer Kammerspielen wurde bei der Uraufführung zum unverschämten Voyeur – und bekam das auch zu spüren.
Höchstleistungen der Schauspielerinnen
Höchstleistungen erbrachten die Schauspielerinnen: Eva-Maria Aichner gab die sture und verbissene Frau vom Fenster, Katharina Hofmann wurde als selbstmitleidige Frau hinter Rollladen idealbesetzt, Johanna Orsini-Rosenberg wirkte als Frau auf der Gartenliege wie frisch aus dem Kaisermühlenblues entlaufen und allen voran zeigte Gunda Schanderer großes Können als die Nachtschwester mit den gelbgetönten Tabletten gegen die Vorstadtfadesse, unter deren geschmackloser Strickjacke (Kostüme: Angelika Rieck) es ordentlich brodelt. Jakob Kajetan Hofbauer schlug sich als Spinnerter Spanner gut, seine Rolle war aber leider etwas undankbar.
Dialoge drehten sich im Kreis
Die Schwächen der Produktion brachte das Stück schon mit: Der Tiroler Dramatiker Martin Plattner schrieb für das Landestheater „Die Sedierten“ zwar mit viel Sprachwitz, zündender Gesellschaftskritik und düsteren Vorahnungen. Doch ohne nennenswerte Handlung blieb das Stück nach dem anfänglichen witzig-bissigen Schlagabtausch der Frauen statisch. Die Dialoge drehten sich irgendwann im Kreis und machten die eineinhalb Stunden ohne Pause länger, als sie sich anfühlen sollten. Wer außerdem 2019 am Landestheater Plattners Stück „rand: ständig“ gesehen hat, dem werden (zu) viele Elemente bekannt vorkommen. Zeit für Neues.
Jasmin Gaderer, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.