"Stuttgart 21"-Demo

Polizei gibt Demonstranten Schuld an Gewalt

Ausland
05.10.2010 15:55
Die deutsche Polizei hat ihr hartes Vorgehen auf dem "Stuttgart 21"-Baufeld verteidigt und den Demonstranten die Schuld an dem Gewaltausbruch gegeben. Der "massive Widerstand" der Projektgegner habe erst dazu geführt, dass Pfefferspray, Wasserwerfer und Schlagstöcke eingesetzt werden mussten, sagte Inspekteur Dieter Schneider am Dienstag. Landespolizeipräsident Wolf Hammann verwies auf jede Menge "Bilder von Aggression" gegen Polizisten.

Polizeipräsident Siegfried Stumpf verteidigte den Zeitpunkt für den Polizeieinsatz am Donnerstagvormittag parallel zu einer Schülerdemo: Am frühen Morgen fürchtete er den Berufsverkehr, später am Tag noch mehr Demonstranten. Er übernehme die volle Verantwortung für den Einsatz, bei dem nach unterschiedlichen Angaben zwischen 130 und 400 Menschen verletzt wurden.

Hinsichtlich seiner Taktik habe es von keinem Ministerium Anweisungen gegeben. Die Wasserwerfer seien an Ort und Stelle gewesen, um das abgesperrte Gelände zu sichern und die Polizisten zu schützen. Es sei nicht geplant gewesen, sie zur Räumung des Baufeldes am Hauptbahnhof einzusetzen.

CDU: Teilstopp der Abrissarbeiten als Zugeständnis
Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) will indes den erbitterten Streit um das umstrittene Bahnhofsprojekt entschärfen. Mappus kündigte am Dienstag in Stuttgart einen Teilstopp der Abrissarbeiten an und sprach in diesem Zusammenhang von einem "starken Signal" an die Projektgegner. Mappus zufolge soll der Südflügel des Bahnhofs vorerst nicht abgerissen und weitere Bäume erst nach Beginn der "Vegetationsperiode 2011" gefällt werden - also ab dem Frühjahr.

Zudem will der Ministerpräsident am Mittwoch in einer Regierungserklärung ein weiteres "Maßnahmenbündel" ankündigen, um Gespräche mit den Gegnern des Bahnhofsumbaus auf den Weg zu bringen. Es gebe allerdings "keinen generellen Baustopp", bekräftigte der CDU-Politiker.

Union wirft kritischen Grünen Stimmungsmache vor
Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast reagierte zurückhaltend auf die Ankündigung von Mappus. "Die Frage ist: Sind das verbale Manöver oder ernsthafte Bemühungen?", sagte sie in Berlin. "Etwas zu unterlassen, was zum Baufortschritt sowieso nicht notwendig ist, wäre kein wirkliches Angebot." Grünen-Parteichef Cem Özdemir wertete die Ankündigung als Chance, dass Befürworter und Gegner des Projekts ins Gespräch kommen. "Dazu müssen alle Fakten, auch geheime Zahlen, Daten, auf den Tisch, und dann muss man versuchen, sich mit Argumenten auseinanderzusetzen", sagte er.

Spitzenpolitiker von CDU und CSU warfen den Grünen Stimmungsmache vor. Die Grünen seien "politische Trittbrettfahrer", die Angst und Skepsis in der Bevölkerung gegenüber neuen Vorhaben ausnutzten, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich in Berlin. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Peter Altmaier (CDU), sagte, die Grünen sollten rhetorisch "abrüsten und weniger ideologisch argumentieren".

SPD fordert Volksabstimmung, FDP für Weiterbau
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt nannte das Angebot der Landesregierung für einen Teilstopp der Abrissarbeiten halbherzig. Der Schritt werde das Problem "Stuttgart 21" nicht lösen, sagte Baden-Württembergs frühere SPD-Chefin. Die einzige Chance sei die von der SPD geforderte Volksabstimmung. Dagegen forderte FDP-Chef Guido Westerwelle den Weiterbau des Stuttgarter Tiefbahnhofs. "Ein Land, in dem keine Hochspannungsleitungen, Straßen, Flughäfen oder Bahnhöfe mehr gebaut werden, verliert seinen Wohlstand", warnte der Außenminister.

"Stuttgart 21" ist das derzeit größte europäische Infrastrukturprojekt. Der bisherige Kopfbahnhof der baden-württembergischen Landeshauptstadt soll durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof ersetzt werden. Außerdem wird eine Schnell-Strecke von Stuttgart nach Ulm gebaut, die wiederum Teil der europäischen West-Ost-Magistrale Paris-Bratislava ist.

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