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Martin Grubinger: Warum wir jetzt Europa brauchen

Salzburg
19.09.2020 22:55

„Der Scheißkrieg“ - so nannte Deutschlands Kanzlerlegende Helmut Schmidt den Zweiten Weltkrieg, den er als Wehrmachtssoldat miterlebte. Dieser „Scheißkrieg“ prägte Politikergenerationen aller Couleur.

Sie waren verbunden im Bestreben, ein vereintes, ein friedliches Europa zu schaffen. Diese Erfahrung, die unterschiedliche Charaktere auf ein gemeinsames Ziel eingeschworen hat, ist erloschen.

Die heute regierenden Politiker verbindet kein Band schrecklicher Erinnerungen an die dunkelste Zeit dieses Kontinents. Die einen wollen Europa führen, ohne mittlere und kleinere Staaten mit einzubeziehen. Andere wollen sich auf Kosten der Idee profilieren und politisches Kleingeld wechseln. Die dritte Gruppe will die europäische Idee finanziell aussaugen und dabei ihre Pläne vom illiberalen Staat, nach russischem Vorbild, verwirklichen.

Dabei bleiben selbst kleinste Kompromisse auf der Strecke. Die EU, wie wir sie derzeit kennen, ist politisch tot. Aus der jetzigen Zusammensetzung ist kein kraftvoller Fortschritt zu erwarten. Immer wieder wurde von einer „Koalition der Willigen“ geredet. Die Gegner der Vision waren allerdings stärker. So ist es zu keiner Neugründung mit jenen Staaten gekommen, die erkannt haben, dass die Lösung globaler Probleme wie eine Pandemie, Migrationsfragen, Entscheidungen von Krieg und Frieden nur im Verbund gelöst werden können.

Notwendig ist nun ein Zusammenschluss der Entschlossenen. Man könnte wieder die guten alten Werte Europas anstreben: Freiheit, Demokratie, Menschenwürde, Gerechtigkeit und das Versprechen auf die Chance, das Beste aus seinem Leben zu machen.

Schon in der derzeitigen Pandemie schadet uns der Nationalismus ungemein. Staaten blockieren sich gegenseitig, schließen nach Belieben ihre Grenzen, tauschen Unfreundlichkeiten aus und versichern gleichzeitig ihren verdutzten Bürgern, doch ausschließlich das Wohl des eigenen Landes im Blick zu haben.

Dabei schadet jede Grenzschließung, jede Reisewarnung, jeder Alleingang auch der eigenen Wirtschaft. Ein Staatenverbund der „Willigen“ würde andere Wege gehen: Offene Grenzen und in Brüssel koordinierte Schritte zur Eindämmung der Pandemie, bei maximal möglicher Freiheit der Bürger. Abgestimmte Krisenpläne, gemeinsamer Einkauf wichtiger Schutzmaterialien und ein gemeinsamer Krisenstab. Kein politisches Kräftemessen, keine Eifersüchteleien, kein Wahlkampf zu Lasten möglicher Lösungen.

In der Migrationsfrage ist es ähnlich. Die Basis sind die europäischen Werte der Humanität mit klaren Regeln. Längst wäre klar, wie es funktionieren könnte: Ein einheitliches Grenzmanagement, verbunden mit einer außen- und sicherheitspolitisch abgestimmten Vorgangsweise zur Wahrung europäischer Interessen. Auch militärisch, wenn nötig. Dazu Flüchtlingseinrichtungen an den Außengrenzen nach rigoros kontrollierten europäischen Standards und gleichzeitig ein Korridor zur Aufnahme von Flüchtlingen nach klaren Regeln.

Über allem steht das konsequente Bemühen, in den betroffenen Regionen Frieden und Sicherheit zu schaffen, damit auch eine Rückkehr in die Heimatländer möglich ist. Was kann es Besseres geben, als Menschen, die unsere Werte der Humanität selbst erlebt haben, nach Rückkehr in ihre Heimatländer diese auch selbst leben?

Die Wahrung wirtschaftlicher und politischer Interessen und eine klare Haltung mit Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Staaten, die ihre Länder innerhalb der Rest-EU zu illiberalen Staaten umgebaut haben. Diese können weder unsere Schwestern und Brüder im Geiste, noch Kooperationspartner bei politischen und wirtschaftlichen Projekten sein. Die derzeitige Situation zerstört Europa von innen. Die Mineure haben bereits fleißig Hand angelegt. Es ist an der Zeit sie aufzuhalten.

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