„Rote Zone“ Nizza

Coronavirus-Angst begleitet die Tour de France

Sport-Mix
28.08.2020 19:31

Der Lärm kam aus den Boxen, auf dem großen Massana-Platz in Nizza verloren sich die wenigen Fans - das große Fest als Ouvertüre zur 107. Tour de France fand in Zeiten der Pandemie nur in kleinem Rahmen statt. Nachdem im Vorjahr mehr als 75.000 Fans bei der Präsentation in Brüssel die Fahrer und Rad-Legende Eddy Merckx bejubelt hatten, waren es diesmal weniger als die erlaubten 1000 Fans. Aus gutem Grund. Die Region an der Cote d‘Azur ist seit Donnerstag wegen der stark ansteigenden Corona-Infektionszahlen zur „Roten Zone“ erklärt worden - wie 20 weitere Departements der Grande Nation auch ...

Maskenpflicht ist auch im Freien oberstes Gebot, entsprechend präsentierte sich Deutschlands Hoffnungsträger Emanuel Buchmann mit einem schicken Mundschutz im Team-Outfit und der Aufschrift: „Bonjour Le Tour“. Doch auch der „Chef“ von drei ÖRV-Profis im achtköpfigen Aufgebot stellte fest: „Die Partystimmung ist nicht da.“ Die 176 Fahrer aus 22 Teams werden am Samstag auf eine Reise ins Ungewisse geschickt. Ob die Tour tatsächlich nach 3484 Kilometern die Hauptstadt Paris - für die es laut dem deutschen Robert-Koch-Institut übrigens auch eine Reisewarnung gibt - erreichen wird, steht in den Sternen.

Die Infektionszahlen steigen seit Tagen rapide an, das französische Gesundheitsministerium vermeldete nun erstmals über 6000 positive Fälle an einem Tag. Und das Virus macht auch keinen Umweg um die Teams. Am Donnerstag gab es beim belgischen Rennstall Lotto-Soudal zwei „nicht-negative“ Fälle, was auch eine schöne Umschreibung ist. Die zwei Betreuer wurden wie ihre zwei Zimmerkollegen nach Hause geschickt. Es bleibt zu befürchten, dass es nicht die letzten Fälle sind.

Das Team um den deutschen Ex-Roubaix-Sieger John Degenkolb hatte nichts zu befürchten. Ein Ausschluss stand nicht zur Debatte, auch weil kurzfristig das Reglement abgemildert wurde. Nur noch bei mindestens zwei positiven Coronavirus-Tests von Fahrern einer Mannschaft in einem Zeitraum von sieben Tagen wird der gesamte Rennstall ausgeschlossen. Damit zählt nicht mehr das direkte Umfeld wie Physiotherapeuten, Busfahrer oder Team-Offizielle dazu. Der Veranstalter sah offenbar ein, dass sonst womöglich nur noch eine kleine Gruppe von Fahrern das Rennen zu Ende hätte fahren können.

Ein Abbruch schwebt ohnehin „wie ein Damoklesschwert über uns“, sagte der Deutsche Tony Martin und befürchtet, „dass jeder Tag der letzte sein kann“. Dem Ex-Zeitfahr-Weltmeister, der zum zwölften Mal beim Grand Depart dabei ist, ist die Lage bewusst. „Die Situation verschlechtert sich von Tag zu Tag.“ Zumindest für die ersten beiden Tage wurden die Maßnahmen verschärft. Statt der maximal 5000 Zuschauer im Start- und Zielbereich sollen nur noch einige Dutzend Personen erlaubt sein.

Also ein Tour-Start „fast hinter verschlossenen Türen“, wie es Bernard Gonzalez als Präfekt der Alpes-Maritimes-Region ankündigte. Auch der Zugang zu den Bergen wird stark limitiert. „Wenn ich den Zuschauern einen Rat geben kann: Schauen sie sich die Anstiege im Fernsehen an“, erklärte Gonzalez. So muss auch Tourchef Christian Prudhomme allmählich von seiner Maxime abrücken, die stets lautete: „Eine Tour hinter verschlossenen Türen macht keinen Sinn.“ Für die Rad-Teams ist die Tour indes überlebenswichtig, werden doch 70 Prozent des Jahresetats dort generiert.

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(Bild: KMM)



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