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Lernen zusammenzuhalten

Salzburg
15.08.2020 07:51

„Wir werden die Zeit auch ohne das Lebensmittel Theater überleben.“ Mit diesem Satz sorgte Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder für einen Donnerhall in der Kulturszene. Die Replik von Staatsopern-Chef Bogdan Rošcic war in seiner pointierten Schärfe köstlich zu lesen. Er nannte Schröders Einlassungen „Meinungsmüll“.

Dass ich in der Sache dem Direktor der Staatsoper inhaltlich zustimme, brauche ich nicht weiter zu erwähnen. Wagt man aber einen Schritt aus der Blase der klassischen Musik hinaus, ist diese durchaus brutal geführte Auseinandersetzung ein erster Indikator, was der Kulturszene bevorsteht. Ich beschränke mich auf den Bereich der klassischen Musik - darin kann ich am ehesten eine Aussicht wagen. Die Corona-Krise zeigt, wie verletzlich wir in diesem Bereich sind. Das liegt einerseits an der fehlenden Relevanz dessen, was wir tun, an teils fehlendem Willen, in Inhalt und Form zu neuen Ufern aufzubrechen. Zudem an selbstverschuldet strukturellen Problemen: Viele Kids kommen mit Musik nicht mehr in Berührung, denn meist ist die soziale Herkunft der entscheidende Faktor, ob Musik im Leben unserer Kinder eine Rolle spielt.

Darüber hinaus fehlt uns oftmals Kreativität, Schnelligkeit und vielleicht der Mut, die Dinge anders anzugehen. Die digitale Wende können wir im Konzert- und Festivalleben genauso wenig für uns nutzen wie im Musikunterricht.

Ich will hier nicht pauschalieren - es gibt wunderbare Ideen, initiiert und umgesetzt von Menschen, die für Musik in den unterschiedlichsten Bereichen brennen, wie ich es tue. Aber nach über 20 Jahren, die ich mich in der Szene der klassischen Musik bewegen darf, scheint Corona unsere Schwachstellen offenzulegen.

Den anfangs erwähnten Satz von Klaus Albrecht Schröder würde wohl eine Mehrheit der Österreicher bejahen. Das alleine ist ein veritables Problem, nimmt es uns in diesen Zeiten die dringend benötigte gesellschaftliche Relevanz. Das muss so nicht bleiben. Wir müssten nur zu einem neuen Bewusstsein der Regionalität kommen. Ein erster Schritt sollte sein, dass die gut fundierten Kultur-Institutionen des Landes ganz Österreich als ihren Konzertort definieren und flächendeckend Präsenz zeigen. Dafür müsste die ein oder andere internationale Tour weichen. Eine neue Programmatik könnte Teil unseres Aufbruchs sein.

Dazu müssen die Klassiker keinesfalls weichen - nur die Gewichtung und das „WIE“ unsere Tuns müsste sich ändern. Gerade junge Leute können sich für neu Erfundenes, neu Geschaffenes begeistern und faszinieren. Es liegt an uns Musikern, diese mit der nötigen Leidenschaft und Begeisterung zu spielen. Das Format ist nicht entscheidend, sondern die Glaubwürdigkeit unserer Interpretation.

Neue Musik, leidenschaftlich interpretiert für eine neue Generation von Musikliebhabern. Dazu als wichtigster Baustein: Wie können wir die Digitalisierung nutzen, um Musik in ihren Formen zum täglichen Bestandteil aller zu machen? Großartige Ideen dazu gibt es, wir müssen uns nur darauf einlassen und ausgetretene Pfade überwinden. Dazu sollten wir die Ausbildung und Unterstützung unserer Musiklehrer zur Priorität machen, damit Musikunterricht an all unseren Schulen abwechslungsreich und aufregend spürbar wird.

Nichts weniger als ein revolutionärer Weg wäre notwendig. Andere Länder machen es vor, einer Musiknation kann in diesem Bereich nur das Beste gut zu Gesicht stehen. Und wir müssen lernen zusammenzuhalten. Der verbale Ego-Trip des Albertina-Chefs zeigt, dass er sich wohl in eine Pole-Position für zukünftige Verteilungskämpfe bringen wollte. Nur wenn die Künste mit einer geeinten, starken, modernisierten und frischen Stimme auftreten, haben wir eine Chance. Ansonsten wird Corona keinen Stein auf dem anderen lassen.

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