Mit Haft gedroht

Lukaschenkos Widersacherin zu Ausreise gedrängt

Ausland
11.08.2020 17:14

Der umstrittene Wahlsieger Alexander Lukaschenko scheint nicht davor zurückzuschrecken, Familie, Freunde und Mitarbeiter seiner Gegner zu bedrohen. Die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja soll unter großem Druck des weißrussischen Regimes das Land verlassen haben. Nach Angaben des litauischen Außenministers soll ihr in ihrem Heimatland eine Inhaftierung gedroht haben. Während die EU die Lage erst neu beurteilen wolle, lud die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, Lukaschenkos Widersacherin nach Österreich ein. 

Auch zwei Tage nach den Präsidentenwahlen rumort es weiterhin kräftig in Weißrussland. Entgegen dem offiziellen Ergebnis hatte sich Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja noch am Montag aufgrund mutmaßlicher Manipulationen selbst zur Wahlsiegerin erklärt. Wie der litauische Außenminister Linas Linkevicius am Montag erläuterte, soll ihre überraschende Ausreise jedoch nicht ganz freiwillig gewesen sein.

„Keine andere Wahl“
Tichanowskaja soll demnach eine Inhaftierung angedroht worden sein, sollte sie ihr Heimatland nicht verlassen. Weißrussische Beamte sollen gar bei der Abreise geholfen haben. „Sie stand offensichtlich unter gewissem Druck und hatte kaum eine andere Wahl, als das Land zu verlassen“, sagte Linkevicius. Sie habe die angebotene Möglichkeit nutzen müssen - Tichanowskaja erhielt ein einjähriges Visum und eine Unterkunft in Litauen. Auch für ihre Sicherheit werde gesorgt, so Linkevicius.

Zu Video gezwungen?
Auch jene Videobotschaft, mit der die Oppositionspolitikerin die Demonstranten dazu aufgerufen hatte, zu Hause zu bleiben, soll sie nicht freiwillig gemacht haben. Noch am Vorabend ihrer Ausreise soll sie sieben Stunden lang in Minsk festgehalten worden sein. „Ich will kein Blut und keine Gewalt“, las Tichanowskaja auf einer Couch sitzend eine Botschaft ab und blickte dabei kein einziges Mal in die Kamera.

Tichanowskaja wieder mit Kindern vereint
Weiters erklärte sie darin: „Leute, passt bitte auf Euch auf. Kein Leben ist es Wert, was jetzt passiert. Kinder sind das Wichtigste im Leben“, erklärte sie ihre Entscheidung zur Ausreise. Die Politikerin sei nun wieder bei ihren Kindern, die sie schon während des Wahlkampfes aus Sicherheitsgründen außer Landes gebracht hatte. Die frühere Englischlehrerin hatte anstelle ihres Ehemannes kandidiert, nachdem der regierungskritische Blogger im Mai festgenommen worden war.

Keine EU-Sanktionen in Sicht
Eine schnelle Reaktivierung von EU-Sanktionen gegen die Führung von Weißrussland (Belarus) ist derzeit nicht in Sicht. Der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sagte am Dienstag, dass man zunächst einmal eine ordentliche Lagebeurteilung brauche. Zudem verwies er darauf, dass es für Sanktionsbeschlüsse die Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten brauche.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zeigte sich ob der Gewalt gegen Demonstranten enttäuscht. Angesichts der Menschenrechtsverletzungen werde die EU die Beziehungen zu dem Land neu bewerten, kündigte er am Dienstag an. Österreich beobachte die Entwicklungen „mit wachsender Sorge“, so Schallenberg.

Grüne laden Tichanowskaja nach Österreich ein
Solidarisch mit der Oppositionskandidatin zeigten sich die Grünen. Deren außenpolitische Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic erklärte auf Twitter, dass sie Tichanowskaja nach Österreich eingeladen habe. „Wir sollen aus erster Hand erfahren, wie es der Opposition in Weißrussland geht und gemeinsam ausloten, wie auch Österreich zur Beruhigung der aufgeheizten Lage und mittelfristig zu einem friedlichen Systemwechsel beitragen kann“, so Ernst-Dziedzic.

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