Mehr Grünraum!

Klimawandel lässt steirische Städte glühen

Steiermark
09.08.2020 06:00
Die Sommer in der Steiermark werden immer heißer – und nirgends spürt man das so stark wie dort, wo Beton und Asphalt das Bild dominieren – in Städten wie Leoben, Kapfenberg, Bruck. Die Hitzetage in Graz etwa haben sich seit den 1960ern mehr als versechsfacht, und auch die Durchschnittstemperatur ist gestiegen.

Es muss etwas geschehen – soweit ist man sich einig. Was für ein angenehmeres Stadtklima sorgen könnte, ist eigentlich allen klar: „Jeder Baum ist eine Klimaanlage“, sagt Judith Schwentner, Umweltstadträtin von den Grünen. Sie hat einen Plan für 17 grüne Meilen in der Stadt vorgelegt – ein Straßenzug pro Bezirk soll verkehrsberuhigt, begrünt und zu einer „Oase für Stadtbewohner“ werden.

Grünflächen sollen ausgebaut werden
Dabei ist Graz eigentlich eine sehr grüne Stadt: Rund 45 Prozent sind Freiflächen – Wald, Parks und Landwirtschaft. Bürgermeister Siegfried Nagl, in dessen Zuständigkeit die städtische Abteilung für Grünraum und Gewässer fällt, bekennt sich zum Ausbau dieser Flächen: „600.000 m2 Grünraum hat die Stadt in den letzten fünf Jahren gekauft.“

Ein Baum für jedes Neugeborene
Dass gerade in den innerstädtischen Bezirken noch Luft nach oben ist, weiß aber auch er: „Wir suchen hier speziell nach zusätzlichen Grünflächen. Unsere Anstrengung bei der Sicherung von Parks und Grünraum in Graz muss hoch bleiben.“ Aktuell fördert man etwa Gemeinschaftsgärten und auch die Entsiegelung von Vorgärten, zudem wird für jedes Neugeborene in der Stadt ein Baum gepflanzt.

„Solche schönen Pläne gibt es in Graz viele“, sagt Judith Schwentner. Doch sie hat einen großen Einwand: „Umgesetzt wird davon halt viel zu wenig!“ Als Beispiel nennt sie die Zinzendorfgasse: „Über eine Begrünung der Straße wird schon seit Jahren gesprochen, es gibt dazu Pläne von Studierenden, die Menschen vor Ort sind dafür. Passiert ist aber noch nichts.“

KPÖ fordert Versiegelungsabgabe
Ein weiteres Problem: Die Stadt wächst seit Jahren und es braucht mehr Wohnraum. „Seit 2012 wurden 68 Hektar Grünfläche versiegelt“, schlägt auch die Grazer KPÖ Alarm. Das wäre dreimal die Größe des Stadtparks. Sie fordert eine Versiegelungsabgabe für Neubauten. „Das würde manchen Bauherren nachdenklich stimmen, ob jeder Parkplatz zubetoniert werden müsste“, ist Klubchef Manfred Eber überzeugt.

Ganz generell attestiert Schwentner bei der Entwicklung der Stadt jedoch ein „fehlendes Bewusstsein für die Bedeutung von Grünraum“ und ist mit ihrer Kritik nicht allein. Als Beispiel nennt sie den Tummelplatz: „Um viel Geld wurde eine Sprühnebelanlage installiert. Ums gleiche Geld hätte man auch Bäume kaufen können, das wäre nachhaltiger und hätte schöner ausgesehen.“

Wo es ganz gut funktioniert, ist bei großen Projekten wie Reininghaus, wo zehn Prozent der Fläche für Grünraum reserviert wurden, und in der Smart City, wo zumindest 5500 m2 vertraglich gesichert sind.

Vier kurze Fragen an das Breathe Earth Collective
Die „Krone“ hat zu diesem Thema auch das in Graz beheimatete Breathe Earth Collective befragt.
Seit 2013 setzen sich Karlheinz Boiger, Lisa Maria Enzenhofer, Markus Jeschaunig, Andreas Goritschnig und Bernhard König mit dem Klima in der Stadt auseinander. In ihren Projekten - etwa 2015 der Klima-Pavillon auf der Expo in Mailand, aktuell die Coolspots in Wien und im kommenden Jahr ein Klima-Pavillon in Graz - bieten sie Kühlung ohne Technik an.

Was genau umfasst Ihre Forschungsarbeit?
Wir machen uns Gedanken über gute Luft und deren Produktion ohne Technik. Schließlich wird der Klimawandel immer stärker sicht- und spürbar, besonders in den Städten.

Wie stufen Sie Graz in dieser Hinsicht ein?
Sagen wir: Die Lage könnte besser sein. In den nächsten Jahren wird sich die Situation verschlimmern. Das sorgt für eine gewisse Dringlichkeit. Und obwohl viel darüber geredet wird, können wir auf Anhieb keine größeren Begrünungsmaßnahmen in der Stadt nennen. Vergleichbare Städte haben die Situation besser im Griff.

Was kann man tun?
Graz hat eine gute Ausgangslage mit vielen motivierten Menschen. Nur der Ansatz ist meist negativ. Warum klammern wir uns an den Erhalt von drei Bäumen an der Mur, während man gleichzeitig 3000 Bäume pflanzen könnte. Wir möchten die Menschen motivieren, positive Zugänge zu finden, aktiver zu werden, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

Ist der für das Kulturjahr 2020 geplante und nun auf 2021 verschobene Klima-Pavillon da ein Anreiz?
Ja, denn da geht es nicht zuletzt um die sinnliche Wahrnehmung, wie gut sich von der Natur gekühlte Plätze anfühlen.

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