„Gefahr für Einheit“

China geht gegen christliche Inhalte im Web vor

Ausland
04.08.2020 16:47

Repressalien gegen Christen nehmen in China immer mehr zu. Nun sind besonders kirchlich verwaltete Websites und soziale Medien mit religiösen Inhalten ins Visier der Cyber-Behörden geraten. Laut der Zentralen Cyberspace Kommission „gefährden“ solche Web-Auftritte oft „die Einheit Chinas“. Die derzeit laufende Kampage ziele hauptsächlich auf kommerzielle Webplattformen ab, betroffen seien aber auch Messe-Livestreams sowie christliche Chat-Gruppen. Letztere würden von Beamten Chinas gebeten, bestimmte Inhalte zu löschen oder keine religiösen Inhalte mehr zu veröffentlichen, berichtet die Nachrichtenagentur Kathpress.

Vor allem seit der Corona-bedingten Schließung der Kirchen für die Öffentlichkeit werden laut Angaben von Priestern aus mehreren Diözesen die Netzwerke der Glaubensgemeinschaften stärker überwacht. Livestreams von Messen würden zum Teil von den chinesischen Behörden untersagt. Laut Pater Zhao, Pfarrer in Nordchina, hätten die Beamten argumentiert, dass es verboten sei „religiöse Überzeugungen über das Internet zu verbreiten, insbesondere auf Livestreaming-Plattformen“. Die Behörden zeigten sich besorgt, Priester könnte die Regierung online kritisieren. Zudem könnten Online-Messen „viele Menschen in die Kirche locken und die kommunistische Partei schwächen“.

Userin wegen Bibelvers blockiert
Mittlerweile umfasse die Überwachung nicht nur Priester, sondern auch Gläubige, schreibt der asiatische katholische Pressedienst Ucanews. So soll eine katholische Frau in einer WeChat-Gruppe blockiert worden sein, nachdem sie einen Bibelvers mit anderen Christen geteilt habe. Die Betroffene zeigte sich verwundert, da die Regierung wiederholt bestritten habe, den Internetzugang der Menschen überwacht zu haben. Über noch weiterreichende Repressalien berichtet auf der katholischen Plattform asianews.it Pater Dominikus, ein Priester aus Nordchina. Wer als Christ Staatsbeamter, Soldat oder gar Parteimitglied werden wolle, müsse seinen Glauben verleugnen und dürfe keine Religion ausüben. Viele Gläubige, die für Regierungsbehörden oder öffentliche Einrichtungen tätig seien, hätten aus Sorge um ihren Arbeitsplatz ihre Religion verraten und ihren Glauben aufgegeben. Gesetzlich ist es in China auch verboten, dass Minderjährige sich zu einem religiösen Glauben bekennen. Ähnlich ergehe es den Studenten, denen von den Universitäten die Teilnahme an der Sonntagsmesse verboten werde.

Zur Kontrolle der religiösen Aktivitäten verlange Chinas Regierung von den Kirchen laut Pater Dominikus die Installation von Überwachungskameras, die mit dem öffentlichen Sicherheitsnetz verbunden sind. Gottesdienste und religiöse Feiern außerhalb von Kirchengebäuden seien nicht erlaubt. Jede Kirchengemeinde müsse sich registrieren, wobei in den vergangenen Monaten etliche selbst registrierte Kirchen abgerissen oder geschlossen worden seien - „oft unter Vorwänden wie, dass die Zahl der Mitglieder zu gering ist - was jedoch eine Folge dessen ist, dass örtliche Beamte den Gemeinden empfehlen, nicht zu viele Mitglieder zu registrieren“, wie der Ordensmann berichtet.

„Patriotische Kirchen“ und „Untergrund-Kirchen“
Geschätzt rund 13 Millionen von etwa 1,3 Milliarden Einwohnern der Volksrepublik China sind Katholiken. Die Behörden verzeichnen jedoch lediglich sechs Millionen. Als kleine Minderheit haben die Katholiken mit rund 100 Diözesen dennoch landesweit funktionierende Kirchenstrukturen. Eine große Besonderheit des chinesischen Katholizismus ist die Teilung in zwei Gruppierungen: Neben der regimenahen und staatlich zugelassenen „Patriotischen Vereinigung“, die keine Kontakte zum Vatikan unterhalten darf, gibt es die sogenannte Untergrundkirche in Gemeinschaft mit dem Papst. Die „patriotischen Christen“ dürfen seit 1957 beziehungsweise wieder seit Ende der chinesischen „Kulturrevolution“ (1966-1976) mit staatlicher Erlaubnis aktiv sein. Gegen die Mitglieder der „Untergrundkirche“ kommt es immer wieder zu staatlichen Sanktionen. Priester und Bischöfe werden verhaftet oder verhört. Die „Untergrund-Katholiken“ erhalten auch keine Erlaubnis zum Bau von Kirchen.

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