Kurzzeit-Comeback

Wohlklingender Gruß aus der Rock-Rente: Phil Collins

Musik
12.09.2010 10:40
Eigentlich hat sich Phil Collins längst in den Ruhestand zurückgezogen. Dort hat er die Songs seiner Jugend wiederentdeckt – und meldet sich jetzt mit der Motown-Hommage „Going Back“ zurück. Das Comeback ist nur für kurze Zeit, wie er im exklusiven „Krone“-Interview erzählt.
(Bild: kmm)

Man kennt das ja von den alten Herren (und Damen) der Show-Branche: Die Stones, Simply Red, Tina Turner, Leonard Cohen – ständig nehmen sie Abschied von der Konzertbühne und dann noch mal und dann aber wirklich... Auch Phil Collins pilgerte  auf seiner letzten Tour durch die Lande – mit einem Quäntchen Selbstironie: Er betitelte den Sprung in die Rock-Rente mit „First Final Farewell Tour – die erste letzte Abschiedstour“. Zum Drüberstreuen gab’s auch noch eine Abschiedstour mit seiner Kultband Genesis – aber dann meinte es der als Schwerarbeiter der Rockwelt verschriene Superstar wirklich ernst und genoss das Rentnerdasein am Genfer See.

„Es ist in den vergangenen Jahren so viel passiert“
„Es ist lustig, man hat mir gesagt, dass mein letztes Solo-Album bereits acht Jahre her ist, aber es fühlt sich nicht so an“, lacht er, als ihn die „Krone“ in seinem „Rentnerparadies“ zum Interview bittet. „Es ist in den vergangenen Jahren so viel passiert, ich bin Großvater geworden, habe mich um meine zwei kleinen Söhne gekümmert, mich scheiden lassen“, plaudert er aus dem privaten Nähkästchen. „Ich wollte sowieso aufhören, aber nach der Scheidung umso mehr (Anm. der Red.: Mit seiner dritten Ehefrau Orianne Cevey war Collins neun Jahre verheiratet, 2008 wurden sie geschieden). Ich  hätte sonst meine Söhne Nicholas und Matthew nicht oft genug gesehen. Ich habe erst in den vergangenen Jahren gemerkt, welchen Unterschied das macht, und habe ein wirklich schlechtes Gewissen meinen älteren Kindern gegenüber.“

Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er auch Zeit für Hobbys. „Ich hatte viel Vergnügen dabei, diesen verdammt kleinen weißen Ball in ein Loch zu befördern. Außerdem habe ich mich ernsthaft mit meiner Sammlung von Relikten aus der Schlacht von Alamo (Texanischer Unabhängigkeitskrieg, Anm. d. Red.) beschäftigt, und ich habe endlich meine Modelleisenbahn, die ich schon früher in England hatte, ausgepackt und aufgebaut“, schmunzelt er.

Auftritte in der Schule und im Goldklub
Nur zweimal ließ er sich in diesen beschaulichen Tagen überreden, die Bühne zu entern. „Ich habe zwei Konzerte gegeben – eines in der Schule meiner Söhne für Lehrer und Eltern und eines im Golfklub bei der Charity-Veranstaltung eines Freundes.“ Ein neues Album kam ihm erst gar nicht in den Sinn. „Ich wusste ja, was passiert, wenn ich das mache – man will mich unbedingt auf Tour schicken.“ Doch dann hatte sein Manager plötzlich die Idee, eine Hommage an das Kultlabel Motown herauszubringen, ein Album voller Soul-Klassiker wie „Heatwave“, „Papa Was A Rolling Stone“ u. v. m. Songs, mit denen Phil Collins selbst aufgewachsen ist. „Ich wollte einfach wissen, ob ich das kann.“

Zur Unterstützung holte er sich die besten Experten, die man in Sachen Motown finden kann: die Funk Brothers, die legendäre Band, die einst Stars wie Marvin Gaye, Diana Ross, Smokey Robinson u. v. m. als Studio-Band begleiteten. „Eigentlich schade, dass ich dieses Album nicht viel früher aufgenommen habe. Es sind nur noch drei der Funk Brothers übrig. In Wahrheit gibt es ja noch einen vierten, aber der hat sich mit den anderen zerstritten“, erzählt Collins. „Ich habe sie angeschrieben und von meinem Projekt erzählt.

Es stellte sich heraus, dass der Bassist Bob Babbitt ein Fan von mir ist. Sie waren sehr enthusiastisch, wieder das zu tun, was sie früher gemacht haben.“ Denn genau so sollte es sein, genau so klingen – wie das Original, nur die Stimme macht es zu einem Phil-Collins-Album. „Die Art, wie diese Klassiker gespielt wurden, der Groove, das ist einfach der ultimative Weg. Es war meine Entscheidung, nichts an den Songs zu verändern. Ich wollte für dieses Album keine Kompromisse eingehen. Auch wenn es nie herauskäme, ich wäre trotzdem stolz und würde Kopien für meine Freunde ziehen.“

„Ich musste mir die Sticks an die Hände kleben“
Das Albumcover zeigt ihn als Zwölfjährigen an den Drums. Und obwohl er aufgrund massiver chronischer Rückenprobleme kaum noch Gefühl in den Händen hat, ließ er es sich nicht nehmen, selbst die Trommeln zu rühren. „Ich musste mir die Sticks an die Hände kleben, weil ich meine Finger immer noch nicht spüren kann.“

Ein paar Mal präsentierte er die Songs diesen Sommer dann doch auch live in New York und beim Jazzfest in Montreux, doch jetzt ist wieder Schluss. „Vergessen Sie nicht, ich bin ja in Pension!“

von Franziska Trost, Kronen Zeitung

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