Kurz kontert Kritik:

„Einfluss entscheidender als Zahlen beim Gipfel“

Politik
21.07.2020 23:29

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat den mühsam erkämpften Deal in Brüssel gegen die heftige Kritik aus den Oppositionsreihen verteidigt und am Dienstagabend in der „ZiB 2“ zum wiederholten Male betont, dass er neben dem europäischen Gedanken auch die österreichischen Steuerzahler im Blick gehabt habe. Zudem habe sich Österreich über die Gruppe der „Sparsamen Vier“ plus Finnland innerhalb der EU als kleines Land zu einem wichtigen Machtfaktor entwickelt. Das sei sogar „viel entscheidender als die Zahlen bei diesem Gipfel“ erklärte Kurz im Gespräch mit Moderator Armin Wolf.

Die Zahlen, von denen die Rede ist: Der schuldenfinanzierte Aufbaufonds „Next Generation EU“ ist 750 Milliarden Euro schwer. Das Volumen der Zuschüsse beträgt 390 Milliarden Euro (in Preisen von 2018). 360 Milliarden Euro sind als Kredite vorgesehen. Über das Verhältnis von Zuschüssen und Krediten war lange gestritten worden.

Rabatte, die andere Rabatte finanzieren
Daneben einigten sich die EU-27 auch auf das mehrjährige Budget der Union. Es hat ein Volumen von 1.074,3 Milliarden Euro. Der österreichische Beitrag wird sich nach dem Brexit und wegen der guten wirtschaftlichen Entwicklung natürlich erhöhen. Diese Erhöhung konnte aber mit dem Herausschlagen eines höheren Rabatts gedämpft werden. Konkret bekommt Österreich nun 565 Millionen Euro jährlich, doch bleibt unterm Strich nur gut die Hälfte dieses Betrags übrig, weil es - genauso wie alle anderen Mitgliedsstaaten - auch die zum Teil deutlich höheren Rabatte anderer Nettozahler finanzieren muss. So erhält Deutschland einen Rabatt von 3,67 Milliarden Euro, die Niederlande 1,9 Milliarden Euro, Schweden 1,07 Milliarden Euro und Dänemark 322 Millionen Euro.

Kurz warnt vor „Geschichtsfälschung“
Diese Erfolge strich Kurz im Interview mit Wolf hervor und betonte, dass Österreich rund 700 Millionen Euro weniger pro Jahr an Brüssel zahlen müsste als im ursprünglichen Kommissionsvorschlag vorgesehen. Der Kanzler warnte bei all der Zahlendebatte vor einer „Geschichtsfälschung“. Die Menschen glaubten, dass nun „weniger in Klimaschutz, in Forschung und Bildung investiert wird“. Aber das sei nicht richtig. Denn die Ausgabenkürzungen sowohl im Wiederaufbaufonds als auch im mehrjährigen Finanzrahmen, die den Kompromiss erst ermöglicht hätten, seien ja vorher nur ein Vorschlag und „nie real“ gewesen.

Beim Thema Rechtsstaatlichkeit habe sich der ungarische Premier Viktor Orban „relativ stark durchgesetzt“, weil Frankreichs Präsident Emmanuel Macron oder Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hier sehr stark Druck gemacht hätten. „Wir Frugale wären hier noch härter gewesen“, so Kurz. In Verhandlungen setze man sich nie zu 100 Prozent durch, doch entscheidend sei, dass jetzt eine neue Gruppe mit fünf Staaten entstanden sei mit gemeinsam so viel Gewicht wie früher Großbritannien. Er setze sich für ein wirtschaftsstarkes und schlankes Europa und den vorsichtigen Umgang mit Steuergeldern ein, so Kurz, daher habe er nichts gegen den Vergleich mit Großbritannien in dieser Frage.

Macron war zeitweise „sehr angefressen“
Der Einfluss der „Sparsamen Vier“ und damit auch Österreichs in der EU sei langfristig „viel entscheidender als die Zahlen bei diesem Gipfel“, stellte der türkise Regierungschef klar. Er verstehe aber, dass es für den französischen Präsidenten unangenehm ist, „dass jetzt auch kleine Länder mitreden“. Das könne man aber nicht ändern. Macron sei zeitweise „sehr angefressen“ gewesen, teils wegen Schlafmangels oder weil er seinen Kopf nicht durchgesetzt habe, so Kurz. Am Ende habe man den Bogen aber nicht überspannt, sondern nur die eigenen Interessen durchgesetzt.

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