Flächendeckende Tests?

Große Sprüche, kleine Schritte in der Gastronomie

Politik
22.07.2020 06:00

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) kündigte für Juli flächendeckende Corona-Tests in der Gastronomie an. Davon kann aber keine Rede sein.

Österreich, das „sicherste Urlaubsland der Welt“. Im Tourismusministerium ist man um große Worte nicht verlegen. Diese hier stammen von Ende Mai und verhießen revolutionäre Zustände im Kampf gegen Corona. Spätestens mit Anfang Juli werde man alle 65.000 Tourismusmitarbeiter in Österreich flächendeckend, und zwar wöchentlich, auf Corona testen. So lautete die Ankündigung von Ministerin Köstinger.

Wirt: „Alle paar Tage prüfen, sonst Augenauswischerei“
Hört man sich in der Branche um, dann ist man nicht überall so euphorisch. Ein Wirt aus der Wachau, der ÖVP übrigens wohlwollend verbunden, etwa klagt, es sei alles viel zu kompliziert. Man müsse seine Mitarbeiter zur Bezirkshauptmannschaft bringen für Testungen. Niemand komme vorbei, um die Leute vor Ort zu testen. NEOS-Politiker Sepp Schellhorn, selber Hotelier und Gastronom, berichtet Ähnliches von seinen Betrieben: „Bei uns hier in Salzburg sind bis jetzt einige Hundert Tests durchgeführt worden. Die Leute müssen irgendwo hinfahren, um sich testen zu lassen. Und das auch nur einmal. Man müsste alle paar Tage prüfen, sonst ist das Augenauswischerei.“ Dies alles sei reine Polit-Show, Ankündigungspolitik, sagt der Wirt.

Dezente Relativierung ursprünglicher Ziele
Doch was ist tatsächlich von dieser Ankündigung geblieben? Wo sind die 65.000 Tests pro Woche (übrigens handelt es sich dabei um PCR-Tests, die nur den Status quo ermitteln, im Gegensatz zu Antikörpertests)? Was sagt das Ministerium heute? „Wir haben aktuell 9000 Tests in der Tourismusbranche durchgeführt“, gibt ein Sprecher Köstingers zu. „Die 65.000 pro Woche sind als großes, längerfristiges Ziel zu sehen“, heißt es nun. Eine dezente Relativierung also. Man habe zunächst eine Pilotphase initiiert, in fünf Gebieten - Wilder Kaiser, Montafon, Wachau, Spielberg und Wörthersee (Kärnten war der Kärntnerin Köstinger ein besonderes Anliegen), nun wolle man sukzessive ausweiten.

Teure Beratung und mobile Einsatzteams
Die Gebiete wurden von der Wirtschaftskammer und der Unternehmensberatung McKinsey „nach geografischen und wirtschaftlichen Kriterien“ ausgewählt. Apropos McKinsey: Laut „Krone“-Infos kosteten die Dienste der Beratungsfirma rund 200.000 Euro pro Woche (den Steuerzahler selbstverständlich). Von Klagen über zu viel Bürokratie will man in Köstingers Ministerium nichts mitbekommen haben. Die Tests (die Serien laufen unabhängig vom Gesundheitsministerium) basieren jedenfalls auf Freiwilligkeit.

Online anmelden, dann wird man mit einem Labor in Verbindung gebracht (14 gibt es), dann gibt es einen Termin, dann den Test. Aktuell gebe es mehr als 22.000 Anmeldungen. Zudem setze man auf den teilweisen Einsatz von mobilen Teststationen. Der größte Anbieter ist Novogenia. „Wir könnten bis zu 18.000 Tests täglich durchführen.“ Man sei erst seit Kurzem in Österreich unterwegs und komme direkt in die Betriebe. „In der Hochsaison ist Zeit besonders wertvoll und knapp“, sagt eine Konzernsprecherin.

Hier gibt es von Hotelier Schellhorn keinen Widerspruch. Vielmehr sagt er: „Bis die Tests wie angekündigt verlaufen, falls überhaupt, ist die Sommersaison längst vorbei.“

Erich Vogl, Kronen Zeitung

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