„Hitzige Debatten“

Corona-Hilfen und Budget: Schwere Kompromisssuche

Ausland
18.07.2020 22:22

Vornehmlich in Kleingruppen ging es am zweiten Gipfeltag in Brüssel weiter. Ratspräsident Charles Michel lotete Positionen der EU-Mitglieder aus, um einen neuen Vorschlag für die Corona-Hilfen und den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zu präsentieren. Doch selbst ein Kompromiss - wie er auch aussehen mag - könnte Risse in der Union hinterlassen. Vorzeichen waren nicht zuletzt die „sehr hitzigen“ Debatten, über die Diplomaten am späten Samstagabend berichteten.

Kurz vor 22 Uhr hieß es, dass ein neuer Kompromissvorschlag Michels nicht mehr vor Sonntag auf dem Tisch liegen werde. Bei den am Samstagabend aufgenommenen Gesprächen in großer Gipfelrunde in Brüssel ging es um die umstrittene Rechtsstaatlichkeit, die Ungarn und Polen als Bedingung für Zahlungen aus dem EU-Budget ablehnen.

Ein Kompromiss, wie der Duden für jeden einfach erklärt, ist eine „Übereinkunft durch gegenseitige Zugeständnisse“. Eines der wichtigsten Werkzeuge eines demokratischen, politischen Systems. Auf diesen Kompromiss arbeitet auch die EU bei diesem so wichtigen und historischen Gipfel hin. Doch auf Gegenseitigkeit beruhen die Zugeständnisse auf den ersten Blick nicht.

Die „Sparsamen Vier“ - Österreich, Niederlande, Schweden, Dänemark - sowie auch Finnland hatten sich weiter gegen Pläne gestemmt, 500 der 750 Milliarden Euro an Corona-Hilfen als Zuschüsse auszugeben. Ratspräsident Charles Michel kommt ihnen entgegen, man könnte sich tatsächlich bei einer 50:50-Aufteilung an Zuschüssen und Krediten treffen. Sofern Kurz, Rutte und Co. nicht noch mehr wollen.

Dazu gibt es eine „Notfallbremse“, falls Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung der Gelder entdeckt werden. Kein Veto also, sondern ein Alarmsignal. Österreich darf sich wohl auf einen höheren jährlichen Budgetrabatt beim MFR freuen. Der Letztstand liegt bei 287 Millionen Euro statt der bislang 237.

Warum sollten insbesondere Italien und Spanien auf diesen Kompromiss eingehen? Mancher Diplomat in Brüssel sieht die Schuld bei der Kommission. Der Hilfsfonds mit 750 Milliarden Euro - davon 500 als Zuschüsse - wäre von Anfang an zu hoch angesetzt gewesen und hätte die Brüsseler Verhandlungsposition geschwächt. „Die Zahl konnte nur nach unten gehen“, heißt es aus Brüssel.

Für Ungarn und Polen bleibt die Rechtsstaatlichkeit als Kernthema. Wie das Polit-Magazin „Politico“ enthüllte, ging Ungarn so weit, den kompletten Passus aus ihrem Text zu den Vertragsbedingungen ersatzlos zu streichen. Das kommt aber auch für Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht infrage. Die Bruchlinien entlang der EU-Nord-Süd-Achse könnten sich durch diesen Kompromiss manifestieren.

Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung/krone.at

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