SMS-Wirbel in Israel

Tausende Bürger irrtümlich in Quarantäne geschickt

Ausland
14.07.2020 17:44

Israels Gesundheitsministerium hat eingeräumt, dass Tausende Bürger nach der Wiederaufnahme der Handy-Überwachung offenbar grundlos in eine Covid-19-Quarantäne geschickt wurden. Rund 12.000 Menschen, die angegeben hatten, unbegründet ein SMS vom Inlandsgeheimdienst Schin Bet erhalten zu haben, seien wieder aus der Heimquarantäne entlassen worden, sagte eine Vertreterin des Ministeriums am Dienstag vor einem Parlamentsausschuss.

Im Kampf gegen die steigenden Corona-Zahlen setzt Israels Regierung auch auf die Überwachung von Handys durch den Geheimdienst. Schin Bet hatte die umstrittene Maßnahme zu Beginn der Krise angewandt, Israels höchstes Gericht verbot sie Ende April aber vorübergehend. Ende Juni wurde die Maßnahme nach der Verabschiedung eines notwendigen Gesetzes neu gestartet.

Einem Bericht der „Times of Israel“ zufolge hatten in der ersten Woche nach der Wiederaufnahme der Überwachung Zehntausende Israelis ein SMS erhalten, in dem sie darauf hingewiesen wurden, Kontakt mit einem Coronavirus-Infizierten gehabt zu haben. Der Ministeriumsvertreterin zufolge sind 150 Mitarbeiter einer Hotline damit befasst, Anrufe wegen der SMS zu beantworten. Sie sagte, bis einschließlich Sonntag seien mehr als 26.000 Anrufe eingegangen.

Technologie wird sonst zur Terrorbekämpfung eingesetzt
83 Prozent hätten gegen die Quarantänepflicht auf Basis der SMS protestiert, rund 12.000 Menschen seien von der Quarantäne befreit worden. „Wenn uns jemand sagt, dass er während des Zeitraums, der in der SMS erwähnt wird, zu Hause war, dann glauben wir ihm und entlassen ihn aus der Heimquarantäne“, sagte die Mitarbeiterin des Ministeriums. Die Technologie wird sonst zur Terrorbekämpfung eingesetzt. Nun werden mit ihrer Hilfe Bewegungsprofile erstellt, um zu sehen, mit wem Erkrankte zuletzt in Kontakt waren. Diese Menschen werden dann per SMS gewarnt und aufgefordert, sich in Quarantäne zu begeben.

Neuinfektionen in Israel auf Allzeit-Hoch
Unterdessen hat die Zahl der täglichen Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Israel ein Allzeit-Hoch erreicht. Wie das Gesundheitsministerium am Dienstag mitteilte, wurden für Montag 1681 Fälle gemeldet - so viele wie nie zuvor an einem Tag in dem Land seit Beginn der Pandemie. Getestet wurden an dem Tag 25.825 Menschen, die Ansteckungsquote betrug demnach 6,5 Prozent. Auch dies ist ein Höchstwert. Insgesamt wurden in Israel bislang mehr als 41.200 Infizierte registriert.

Aktive Fälle gab es zuletzt etwa 21.400, davon waren mehr als 170 schwer erkrankt. Zum Vergleich: Die Zahl der täglichen Neuinfektionen war Mitte Mai in Israel noch im niedrigen zweistelligen Bereich gelegen. Energieminister Juval Steinitz forderte unlängst einen sofortigen Lockdown.

Premier Netanyahu unter Druck
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wurde zu Beginn der Pandemie für sein Krisenmanagement gelobt. Inzwischen steht er aber stark in der Kritik. Vorgehalten werden ihm unter anderem zu schnelle, umfassende Lockerungen. Die Wirtschaft des Landes ächzt unter den Folgen der Krise, die Arbeitslosigkeit liegt bei mehr als 20 Prozent. Zur Abmilderung der ökonomischen Konsequenzen hat die Regierung ein milliardenschweres Hilfspaket beschlossen. In mehreren Städten gelten für einzelne Viertel Ausgangsbeschränkungen.

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