Gerichte befasst

Kanalgebühren-Streit könnte Gemeinden überfluten

Tirol
08.07.2020 16:00
Für den ehemaligen Bürgermeister von Tösens, Helmut Kofler, stinken die Kanalgebühren seiner Gemeinde zum Himmel. Er brachte gegen die von der Kommune vorgeschriebene Gebühr für die Abwasserentsorgung Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht ein und könnte dadurch in ein Wespennest gestochen haben.

2,18 Euro pro Kubikmeter – das schreibt die Gemeinde Tösens ihren Bürgern als Kanalgebühr vor. Unter anderem auch dem Bürger Helmut Kofler. Der war sogar der Meister der Tösner Bürger, bis er nur wenige Wochen vor der Gemeinderatswahl 2016 per Selbstauflösung des Gemeinderates aus der Amtsstube verjagt wurde. Kofler weigerte sich, die Nachzahlung der Kanalgebühr von 40,89 € auf die Akkontozahlungen für den Zeitraum 1.10.2018 bis 30.9.2019 zu leisten. Er argumentierte, dass, wie in den vergangenen Jahren, der Betrieb des Gartens nicht berücksichtigt worden sei.

Gang zum Landesverwaltungsgericht
Nachdem diese Beschwerde von Bürgermeister Bernhard Achenrainer als unbegründet abgelehnt wurde, wandte sich der Ex-Dorfchef an das Landesverwaltungsgericht (LVG) Tirol. Dort wurde die Beschwerdesache allerdings sukzessive fundamentaler. „Auch beim Kanal muss das Verursacherprinzip mit Verrechnung der tatsächlichen Kosten gelten“, sagt Kofler, „die Gemeinde Tösens erzielt damit aber schon jahrelang Gewinne und das ist nicht zulässig.“ Die Jahresrechnungen 2016 bis 2018 würden eine jährliche Gewinnentnahme von durchschnittlich 30.000 Euro aufweisen.

„Gewinne“ bis zu 72% laut Kontoauszüge
Das LVG hat sich zur Beurteilung die entsprechenden Kontoauszüge der Jahre 2009 bis 2018 von der Gemeinde Tösens vorlegen lassen. Und die weisen tatsächlich jährliche Überschüsse aus den Einnahmen bis zu 72% aus, die in den allgemeinen Haushalt geflossen seien. Übrigens auch noch in der Amtszeit Koflers. Die Abgabenbehörde bestätigte dem LVG zudem, dass bei den Ausgaben für die Abwasserbeseitigung sämtliche Aufwendungen enthalten seien.

Verfassungsgerichtshof soll Grundlage prüfen
Seitens des LVG Tirol bestehen nun Bedenken ob der Gesetzes- bzw. Verfassungsmäßigkeit der relevanten rechtlichen Grundlage, der Kanalgebührenordnung 2003 der Gemeinde Tösens. Um dies zu überprüfen, wurde die Causa mittlerweile an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) mittels Antrag, die relevante Bestimmung in der Kanalgebührenordnung als gesetzeswidrig aufzuheben, weitergeleitet. Bis Ende Juli haben nun die Parteien Zeit, sich schriftlich zu äußern. „Zumindest in meiner Amtszeit hat die Gemeinde mit den Kanalgebühren keine Gewinne erzielt“, sagt Bürgermeister Bernhard Achenrainer, „die Berechnung ist falsch“. Dies müsse nun geklärt werden.

„Die Gemeinde Tösens hat in ihrer Verordnung über die Erhebung von Kanalgebühren die Mindestsätze der laufenden Kanalgebühren nach den Richtlinien für die Gewährung von Darlehen aus dem Wasserleitungsfonds festgelegt“, heißt es aus dem Landhaus. Das Urteil des VfGH wird mit Spannung erwartet, könnte es doch auch andere Kommunen mit „Kanalgewinn“ treffen.

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