Covid-19 macht einsam

Ärztin warnt vor „Welle psychischer Erkrankungen“

Wissenschaft
03.07.2020 12:46

Die soziale Isolation und Vereinsamung, die zahlreiche Menschen durch die Coronavirus-Krise erfahren, wird zu einer starken Zunahme an psychischen Erkrankungen führen. Davor warnt jetzt die Fachärztin für Psychiatrie, Ulrike Schmidt. „Wir müssen die Pandemie in zwei Wellen sehen. Die erste Welle ist die Welle der Infektionen. Danach kommt die Welle von Menschen, die aufgrund der Pandemie psychische Belastungen und Traumata erlitten haben“, so die Expertin.

Diese zweite Welle wird laut Schmidt in Abhängigkeit von den weiteren Beschränkungen erst einige Monate zeitverzögert sichtbar werden: „Covid-19 macht einsam und kann viele wichtige Lebensbereiche wie das Arbeitsleben beeinflussen. Daher ist es zentral, dass wir uns auf das vorbereiten, was da auf uns zurollt“, so die stellvertretende Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Bonn, die in Österreich mit der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) zum Thema psychische Erkrankungen in der Coronakrise zusammenarbeitet.

Digitale Kontakte kein vollwertiger Ersatz
Die physische Trennung von anderen Personen belaste alle Menschen, digitale Kontakte seien kein vollwertiger Ersatz. Auch bisher völlig Gesunde seien daher in Gefahr, aus Einsamkeit krank zu werden. „Wer niemanden hat, ist besonders gefährdet“, sagte Schmidt. Betroffen seien jedoch auch Menschen, die ihr Sozialleben vor allem in der Arbeit hatten.

Konsum von Suchtmitteln nimmt zu
Auffällig sei, dass der Konsum von beruhigenden Suchtmitteln wie Alkohol und Cannabis bei Erwachsenen zunehme, sagte die Expertin. Kinder und Jugendliche würden wiederum „noch häufiger ein ungesundes Ausmaß an Internet- und Medienkonsum haben“, weil sie während des Lockdowns häufiger als zuvor vor den Bildschirmen saßen.

Probleme bei Paarbindung, sexuelle Störungen
Jugendliche, die erste Beziehungserfahrungen machten, könnten zudem häufiger von Schwierigkeiten in der Paarbindung und sexuellen Störungen betroffen sein, da soziale Kontakte „stark stigmatisiert“ würden und den Jugendlichen Angst vermittelt worden sei, durch ungeschützten Kontakt, z.B. ohne Maske, die Großeltern in Gefahr bringen zu können.

Die Initiative „Reden Sie mit!: Was macht Corona mit unserer psychischen Gesundheit“ ruft die Bevölkerung auf, noch bis 6. Juli unter https://corona.lbg.ac.at anonym über die persönliche Betroffenheit zu berichten. Die Ergebnisse sollen der Wissenschaft eine Basis geben, um politische Handlungsempfehlungen zu entwickeln und neue Forschungsfragen auszumachen.

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