Neue Regierung

Macron baut um: Jean Castex neuer Premierminister

Ausland
03.07.2020 13:01

Wenig Stunden nachdem die französische Regierung unter Premierminister Edouard Philippe (49) am Freitag geschlossen zurückgetreten war, hat Präsident Emmanuel Macron den 55 Jahre alten Jean Castex zum neuen Premierminister ernannt. Das teilte der Élysée-Palast mit. Macron hatte nach dem Debakel seines Lagers bei den Kommunalwahlen angekündigt, seine Politik neu ausrichten zu wollen. Castex hatte während der Corona-Krise die Lockerungen im Land koordiniert.

Der Vertraute des früheren konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy ist Bürgermeister der Stadt Prades in Südwestfrankreich. Er ist ein hochrangiger Politikfunktionär, kommt von den bürgerlichen Rechten und ist in der Öffentlichkeit nicht besonders bekannt. In der französischen Presse hat er den Spitznamen „Monsieur déconfinement“ - das Wort „déconfinement“ steht für die Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen in der Covid-19-Krise.

Macron war nach der Endrunde der Kommunalwahlen Ende Juni erheblich unter Druck geraten, da sich sein Mitte-Lager bis auf wenige Ausnahmen in den Großtädten nicht durchsetzen konnte. Stattdessen gab es eine „grüne Welle“ - Grüne und ihre Verbündeten eroberten große Städte wie Straßburg, Lyon oder Bordeaux. In der südwestfranzösischen Stadt Perpignan setzte sich ein Kandidat der Rechtsaußenpartei Rassemblement National (RN - früher Front National) durch. Nun soll eine Neuausrichtung wieder an alte Erfolge anknüpfen. „Ökologischer Wiederaufbau“ ist eines der Schlagworte von Macrons Plan zur Umgestaltung seiner Politik. 

Unstimmigkeiten in Sachen Corona-Kurs
Philippe führt die Mitte-Regierung seit Mai 2017. Der ursprünglich aus dem Lager der bürgerlichen Rechten stammende Politiker hatte Ende Juni die Kommunalwahl in der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre für sich entschieden. Über die politische Zukunft Philippes wird seit Monaten spekuliert. Während der schweren Corona-Krise hatte es Spannungen an der Spitze des Staates gegeben. So drückte Macron beim Lockern der strikten Ausgangsbeschränkungen aufs Tempo, während Philippe bremste.

Unklar ist, ob der 49-Jährige eine neue Regierung unter Macron führen wird. Auch wann eine solche ernannt wird, ist bisher noch unklar. Es wird erwartet, dass dies in den kommenden Tagen geschieht. Macron hatte in Interviews mit Regionalzeitungen angekündigt, die Regierungsmannschaft austauschen zu wollen.

Regierungschef beliebter als Macron
In Beliebtheitsumfragen schneidet der hünenhafte Politiker wesentlich besser ab als Macron. Philippe hatte in der Coronavirus-Krise, die Frankreich mit rund 30.000 Toten schwer traf, als ruhig wirkender Krisenmanager deutlich an Statur gewonnen.

Philippe hat seinen Aufstieg dem sozialliberalen Macron zu verdanken. Dieser machte den einstigen Vertrauten des konservativen Politikers Alain Juppé vor gut drei Jahren zum Regierungschef. Dies war auch ein deutliches politisches Zeichen: Macron wollte der gemäßigten Rechten signalisieren, dass er auf sie zugeht und sie einbinden will.

Vom Atomkonzern in die Politik
Wie Macron ist Philippe Absolvent der Elitehochschule ENA - diese ist Frankreichs Kaderschmiede für Topposten im öffentlichen Dienst. Die Matura legte Philippe in Bonn ab, wo sein Vater die französische Auslandsschule leitete. In seiner Jugend engagierte sich Philippe zunächst bei den Sozialisten, bevor er sich dem bürgerlichen Lager zuwandte.

Schon 2010 wurde Philippe Bürgermeister in Le Havre. Zuvor hatte er auch als Anwalt gearbeitet; beim Atomkonzern Areva war er zudem in leitender Position tätig. Der dreifache Familienvater gilt als belesen und ist für seinen trockenen Humor bekannt.

Premierminister haben in Frankreich einen schwierigen Stand, da üblicherweise der Staatspräsident im Rampenlicht steht und die großen Linien vorgibt. So vertritt der Staatschef Frankreich bei EU-Gipfeln oder anderen internationalen Spitzentreffen. Der damalige konservative Präsident Nicolas Sarkozy, der von 2007 bis 2012 regierte, bezeichnete seinen Premier François Fillon einmal herablassend als seinen „Mitarbeiter“.

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