Reform im Militär

So will Tanner unser Heer in die Zukunft führen

Politik
03.07.2020 10:20

Klaudia Tanner (ÖVP) hat am Freitagvormittag ihre Pläne für das Bundesheer präsentiert. Gemeinsam mit Generalstabschef Robert Brieger stellte die Verteidigungsministerin den „Leitfaden für eine moderne Landesverteidigung“ vor. Dieser soll in den kommenden drei Jahren umgesetzt werden. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen auf der Cyber Defence, der ABC-Abwehr und dem Katastrophenschutz. Generell soll das Berufsbild des Soldaten attraktiver gestaltet, die Miliz gestärkt und das Heer verschlankt werden. Notwendige Investitionen und Auslandseinsätze werden weiterhin sichergestellt, die Landesverteidigung bezeichnete Tanner als „selbstverständlich“

Es sei „selbstverständlich, dass das Bundesheer weiterhin alle seine verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen wird“, so die Verteidigungsministerin. Die Bedrohungen, denen Österreich ausgesetzt ist, haben sich in den vergangenen Jahren allerdings massiv verändert. Es gibt mittlerweile fast 50 Cyberangriffe in Österreich pro Tag - aber der letzte fremde Soldat auf österreichischem Boden war vor 65 Jahren und der Kalte Krieg ist seit 30 Jahren vorbei, erklärte Tanner am Freitagvormittag im Rahmen einer Pressekonferenz. Auch Krisen und Katastrophen in unterschiedlichen Bereichen nehmen zu - von Naturkatastrophen über die Migrationskrise bis zur Corona-Krise, für die sogar eine Teilmobilmachung notwendig war.

Die Personalstruktur entspricht demnach nicht mehr den aktuellen Herausforderungen, die Organisationsstruktur sei noch immer stark auf ein Kriegsszenario an der österreichischen Grenze ausgerichtet und habe vielen Doppelgleisigkeiten und lange Befehlsketten. Generell sei die Infrastruktur in die Jahre geraten. Viele Kasernen entsprechen nicht mehr den Standards der Zeit, was Bausubstanz und Ökologisierungsaspekte betrifft. Außerdem gehen in den nächsten zehn Jahren 8000 Bedienstete in Pension. Die bereits angekündigte tiefgreifende Umstrukturierung des Bundesheeres werde folgende Schwerpunkte haben:

Cyber Defence

  • Schaffung eines Cybersicherheitszentrums mit BKA und BMI auf dem neuesten Stand der Technik
  • Massive Personalaufstockung von 20 auf 250 Personen durch Umschichtung von Planstellen

ABC-Abwehr

  • Schaffung von zusätzlichen Laborkapazitäten
  • Verbesserung der Ausstattung für Einsätze im In- und Ausland
  • Bessere Assistenz bei Repartierung von Staatsbürgern aus Krisengebieten (Pandemie, Nuklear, etc.)
  • Aufstockung des Personals um 50 % von 500 auf 750 Personen
    •  

Schutz- und Hilfezonen in ganz Österreich für den Katastrophenschutz

  • Spezielle Zonen (jeweils ca. 2-3 Bezirke zusammengefasst) in ganz Österreich
  • Klar definierte autarke Kasernen als direkte Ansprechpartner in der Schutzzone für Bundes-, Landes- und Bezirksverwaltungsbehörden
  • Bundesheer übernimmt im Krisenfall direkt den Schutz von kritischer Infrastruktur (Energie, Telekommunikation, Verkehr) in Abstimmung mit Sicherheitsbehörden

200 Millionen Euro für die Miliz
Ein weiterer Teil der Reform, mit der sich zuletzt auch der Nationalrat befasst hatte: Um die Truppe zu stärken, soll das Berufsbild des Soldaten einer Attraktivierung unterzogen werden. In diesem Zusammenhang ist ein eigenes Aufnahmeverfahren für Medizinstudenten, Cybersoldaten, usw., die ihre Ausbildung im Rahmen des Bundesheers machen und sich danach für eine gewisse Zeit verpflichten, geplant. Zur Stärkung und Weiterentwicklung der Miliz werden in den kommenden drei Jahren 200 Millionen Euro zusätzliche Mittel in Verbesserung und Neubeschaffung von Ausrüstung fließen. Tanner: „Hier besteht ganz großer Nachholbedarf!“

Milizsoldaten, die regelmäßig an Übungen teilnehmen, sollen Teile der Ausrüstung - ausgenommen Waffen - auch im eigenen Haushalt aufbewahren dürfen. Innerhalb der Miliz werden Kategorien (z.B. Cyber Defence, Katastrophenschutz) gegründet. Es werden regelmäßigere fachspezifische Treffen stattfinden. Die Vernetzung mit der Privatwirtschaft - Stichwort gegenseitige Anrechnung von Ausbildungen, etc. - wird verstärkt. Übungen mit Blaulichtorganisationen sollen häufiger stattfinden. Nicht zuletzt sollen monetäre Anreize für Rekruten im Grundwehrdienst geschaffen werden, damit diese sich häufiger für die Miliz verpflichten. Milizsoldaten sollen während der Teilmobilmachung bei freiwilligen Waffenübungen finanziell gleichgestellt werden.

Generelle Verschlankung der Organisation
Insgesamt soll die Organisation durch die Reduktion der derzeit acht Befehlsebenen verschlankt werden. Reduziert werden sollen auch „Doppelgleisigkeiten zwischen Militärkommanden und Brigadekommanden“ sowie das Personal, allerdings nur durch natürlichen Abgang wie etwa Pensionierungen.

Optimierung der Infrastruktur
Dieser Punkt umfasst die schrittweise Sanierung und Ökologisierung aller genutzten Kasernen. Was konkret den Standort in Villach betrifft, sollen die dortigen drei Kasernen auf eine zusammengelegt werden. Derzeit werden insgesamt 360 Millionen Quadratmeter Fläche im Besitz des Bundesheeres überprüft, ob sie für die Bereitstellung von bis zu fünf Prozent der Fläche für sozialen Wohnbau - ohne Einschränkung der militärischen Erfordernisse - tauglich sind.

Auch weiterhin Einsätze im Ausland
Unser Bundesheer gilt international als renommierter und geschätzter Partner bei diversen Missionen der EU und der UNO. Das soll auch so bleiben - natürlich unter Berücksichtigung der Neutralität bei der militärischen Landesverteidigung.

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