Fachärztin berichtet

Geschlechtskrankheiten im Vormarsch!

Gesund
03.07.2020 05:00

Dr. Claudia Heller-Vitouch gibt einen aktuellen Überblick zu Syphilis, Tripper, Chlamydien, HPV und einem ganz neuen Erreger.

Da oft eines zum anderen führt, stellt der internationale Tag des Kusses am 6. Juli einen ausgezeichneten Anlass dar, das Wissen über die wichtigsten sexuell übertragbaren Krankheiten aufzufrischen. Über den aktuellen Stand bei Syphilis, Gonorrhoe (Tripper), Chlamydien, HPV, HIV und den neuen Erreger Mycoplasma genitalium informiert Expertin Dr. Claudia Heller-Vitouch. Geschlechtskrankheiten sind in unseren Breiten klar im Vormarsch. Zu den Hauptursachen dafür zählen verändertes Sexualverhalten und mangelhafte Aufklärung. Vielleicht küsst man auch mehr - bei dieser intimen Handlung werden ja besonders viele Pheromone (spezielle Botenstoffe) übertragen, die bekanntlich die sexuelle Lust steigern.

Fachärztin Dr. Heller-Vitouch sieht die Lage wissenschaftlicher: „Seit HIV-Infektionen behandelbar geworden sind, hat die Angst vor AIDS abgenommen. “Safer-Sex-Praktiken" wie Kondombenützung wird weniger Beachtung geschenkt. Dadurch haben die sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) wieder deutlich zugenommen. Zu den wichtigsten Ursachen gehört auch Online-Dating - es ist viel leichter geworden, anonyme Sexpartner zu finden. Im Folgenden möchte ich näher auf die einzelnen STIs eingehen:

Syphilis
In Österreich wurden im Jahr 2000 184 Fälle registriert, derzeit sind es mehr als 600 jährlich! Diese Entwicklung beobachten wir weltweit. Hauptsächlich sind Männer betroffen, die Sex mit Männern haben. Auch Geschlechtsverkehr unter Drogeneinfluss ist ein wesentlicher Risikofaktor.Die Infektion verläuft in Stadien: Zunächst tritt zwei bis drei Wochen nach der Ansteckung im Genital- und/oder Analbereich ein derbes, braunrotes Geschwür meist mit Schwellung der angrenzenden Lymphknoten auf (Primäraffekt). Auch unbehandelt heilt dieses Stadium nach einigen Wochen ab. Die Bakterien bleiben aber und führen bald zum zweiten Stadium mit grippeähnlichen Erscheinungen und Hautausschlägen. Spätere Phasen können nach Jahren oder gar Jahrzehnten der Beschwerdefreiheit auftreten. Der Verlauf ist dann chronisch und kann zum Beispiel auch das Nervensystem befallen. Bei rechtzeitiger Behandlung mit Penicillin ist eine komplette Heilung möglich.

Gonorrhoe (Tripper)
Nach längerer Stagnation sind hier ebenfalls die Fallzahlen klar angestiegen: In Wien seit 1998 von 279 auf weit mehr als 1000 pro Jahr aktuell. Die Übertragung erfolgt durch jede Form des ungeschützten Geschlechtsverkehrs. Beim Mann treten wenige Tage nach der Ansteckung eitriger Ausfluss, brennende Schmerzen und Entzündung von Vorhaut und Eichel auf. Bei Frauen verläuft der Infekt häufig unbemerkt. Diskreter Ausfluss und Brennen beim Urinieren können vorkommen. Unbehandelt drohen aufsteigende Infektionen bis zur allgemeinen Blutvergiftung (Sepsis). Problem: Die Erreger werden zunehmend unempfindlich gegen Antibiotika. Ein Keim, der auf nichts mehr anspricht, wird befürchtet.

Chlamydien
Infektion mit Chlamydia trachomatis ist die häufigste bakterielle sexuell übertragbare Krankheit überhaupt. Für 2016 waren von der WHO 127 Millionen neue Fälle angenommen worden. Symptome: 7 bis 10 Tage nach dem Sex glasiger Ausfluss und Brennen beim Urinieren. Bei Frauen allerdings unauffälliger als beim Mann. Unbehandelt, droht als Komplikation Unfruchtbarkeit durch Verklebung der Eileiter. Behandelt wird mit Antibiotika.

HPV
Nach Aufnahme der Sexualität kommt es rasch zu Infektionen mit dem humanen Papillomavirus. Da bringen Impfprogramme für Mädchen und Buben zwischen 9 und 12 Jahren optimalen Schutz. Die Impfung kann auch zu 90% vor Gebärmutterhalskrebs bewahren! In Australien hat ein Gratisangebot an Frauen bis 26 zur Durchimpfungsrate von rund 70% und damit auch zur Herdenimmunität bei Männern geführt! Weltweit wurde die Impfung über 100 Millionen Mal ohne nennenswerte Nebenwirkungen verabreicht, was die Sicherheit der Maßnahme beweist.

Mycoplasma genitalium
Dieser Erreger wurde erstmals 1980 nachgewiesen. Er verursacht bei beiden Geschlechtern Entzündungen der Harnröhre mit Ausfluss und Schmerzen beim Wasserlassen. Auch Befall der Gebärmutter und der Eierstöcke ist nicht selten. Das Bakterium kann bei 10% der Männer und 20% der Frauen nachgewiesen werden. Therapie mit Antibiotika.

Dr. med. Wolfgang Exel, Kronen Zeitung

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