Autorin Freudenthaler

Neue Salzburger Hoffnung für den Bachmannpreis

Salzburg
21.06.2020 10:25
Die Salzburgerin Laura Freudenthaler las am dritten Tag des Bachmannpreises ihre Geschichte „Der heißeste Sommer“. Nach einem wirren Wuttext der Steyrer Schriftstellerin Lydia Haider fiel es ihr leicht, die Jury zu überzeugen. Kritiker Klaus Kastberger: „Wäre Freudenthaler eine Aktie, ich würde auf sie wetten.“

Ein Tisch, ein Glas Wasser, im Hintergrund ein Plakat. Darauf steht: „Ich weiß keine bessere Welt.“ Laura Freudenthaler senkt den Kopf, liest: „Der heißeste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen ist mein schweigsamster.“ Bald baut die Ich-Erzählerin eine Bindung zu den Feldmäusen im Ort auf. Die wimmeln als Plage unter den Feldern der Bauern und in den Kellern der Häuser. Die Landwirte bekämpfen sie mit Gift. Zu allem Übel fressen sich Erdfeuer dem Dorf entgegen. Freudenthalers Kernfrage „Der Mensch – die eigentliche Plage der Welt?“ ist ausgelutscht. Die atmosphärische Dichte des „Sommers“ macht die Autorin aber zu einem der heißesten Anwärter auf den Bachmannpreis. Freudenthaler zeigt in feinen Dialogen eine wachsende Feindseligkeit zwischen Dorfbewohnern und der Protagonistin. Packend.

Das sehen auch viele Juroren so. „Der Text hat mich von allen bisher am längsten beschäftigt“, sagt Nora Gomringer. Kollegin Brigitte Schwens-Harrant: „Ein reicher Text. Ich entdecke immer wieder Neues. Ein Meisterwerk.“

Nicht alle sind begeistert. Neu-Juror Philipp Tingler bemängelt die wackelige Konstruktion der Geschichte. Kollege Michael Wiederstein sieht eine verbrauchte Prämisse und ein Ende, das nicht passen will: „Die Autorin dachte wohl, dass unbedingt noch etwas explodieren muss.“ Denn: Die Erzählerin trägt Erdfeuer über einen schützenden Fluss, damit es im Ort wüten kann. Die Giftgasansammlungen im Boden explodieren, verpesten die Luft und die Lungen der Bewohner. Die Mäuse in den Kellern überleben. Bleibt zu hoffen, dass Freudenthalers Teilnahme beim Wettbewerb ein erfreulicheres Ende nimmt.

Die Jury verkündet die Gewinner der Preise am Sonntag ab 11 Uhr. 

Update: Freudenthaler schaffte es zwar in die Stichwahl, den Bachmannpreis gewann aber die Autorin Helga Schubert. Freudenthaler konnte sich über den 3Sat-Preis (7500 Euro) freuen.

Christoph Laible
Christoph Laible
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Salzburg



Kostenlose Spiele