Erstmals Gen-Therapie:

Die Medizin-Welt schaut jetzt auf Anastasia

Salzburg
20.06.2020 13:40

Die „Krone“ berichtete: Anastasia ist eines von nur 500 Kindern weltweit, die mit Zolgensma behandelt worden sind - in Österreich ist sie die erste Patientin überhaupt. Ihre Entwicklung könnte wegweisend für andere sein, die an Spinaler Muskelatrophie leiden. Doch es müssen Gesetze geändert werden. Billiger wird die teuerste Medikamenten-Dosis der Welt ohnehin mit der Zeit, weiß der Experte.

Etwa zehn Babys werden in Österreich pro Jahr mit dem seltenen Gendefekt geboren. Sie alle könnten in Zukunft das gleiche Medikament erhalten wie Anastasia: Die vier Monate alte Lungauerin ist am Mittwoch im Uni-Klinikum Salzburg mit der rund zwei Millionen Euro teuren Genersatz-Therapie behandelt worden. Ob es wirkt, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Mama Danijela Vukmanovic konnte aber schon sehen, wie ihre Tochter ihre Zehen bewegt hat: „ Ich hoffe natürlich auf das Beste“.

Muskelerkrankung war für viele Kinder tödlich
Fakt ist nämlich: Anastasia wird nicht ganz gesund werden, weiß ihr Arzt Christian Rauscher. Aber sie hat gute Chancen, das Gehen zu erlernen. Bis vor wenigen Jahren war Spinale Muskelatrophie bei einem schweren Verlauf wie ein Todesurteil: Viele Kinder erreichen nicht einmal das zweite Lebensjahr. Ein erster „Durchbruch“ im Kampf gegen die seltene Erbkrankheit gelang vor drei Jahren: Da konnte mit einem neuen Medikament erstmals die Krankheit beeinflusst werden, erzählt Günther Bernert. Nun folgte mit der Genersatz-Therapie der nächste Durchbruch: „Dieses neue Medikament ist einfacher und eleganter.“

Eine einzige Behandlung reiche – im Gegensatz zum anderen Mittel, das mehrmals im Jahr gespritzt werden müsste. „Ob auch ältere Patienten diesen eleganteren Weg nehmen können, wissen wir einfach noch nicht.“ Auch ein Vergleich sei nicht möglich – es fehlen einfach Langzeit-Ergebnisse.

Experten fordern Tests bei Neugeborenen

Der Experte ist zuversichtlich: „Ich bin der Meinung, dass wir die Wirksamkeit mit guten Daten untermauern werden können.“ Wichtig sei jetzt, den Verlauf über längere Zeit zu beobachten. Überhaupt spielt Zeit bei der Erkrankung eine große Rolle: „Von Tag zu Tag gehen immer mehr Zellen kaputt“, so Neuropädiater Rauscher. Je früher Diagnose und Behandlung erfolgen, desto besser stehen die Chancen: Deshalb setzen sich die Ärzte dafür ein, dass bei Neugeborenen Bluttests durchgeführt werden, um den Gendefekt früh erkennen zu können. Bei Anastasia fiel es ja einem Kinderarzt auf. Dazu wäre auch eine Änderung des Gentechnik-Gesetzes notwendig. Und die Kosten von zwei Millionen Euro pro Dose? Das werde sich aufgrund der Marktgesetze ändern. „Es kommen ja andere Medikamente, die sich auf die Preise auswirken“, so Bernert.

Daten und Fakten zur Genersatz-Therapie:

  • Mit welchem Medikament wurde Anastasia behandelt?

Zolgensma heißt es. Entwickelt wurde es über zwei Jahrzehnte von der Pharmafirma Avexis, die nun zum Novartis-Konzern gehört. Laienhaft erklärt, ist es ein Adeno-Virus, der von einem Vektor - eine Art Schiff - zu den Zellen im Rückenmark gebracht wird und dort das defekte Gen durch ein gesundes ersetzt. Dadurch kann der Körper ein Protein (Eiweiß) herstellen, welches zur Nutzung der Muskeln benötigt wird.

  • Seit wann wird es genutzt und wie funktioniert es?

Seit Mai 2019 ist Zolgensma in den USA zugelassen - aber nur für Kinder bis zwei Jahren. In der EU ist es erst seit Mai 2020 zur Behandlung erlaubt, auch für ältere Patienten. Im Rahmen von Studien erhielten es etwa 100 Betroffene, bisher wurden etwa 500 Kinder auf der ganzen Welt behandelt. Sie erhielten dabei über eine Stunde lang eine Infusion.

  • Wie war es bei Anastasia?

Die Diagnose erfolgte am 28. Mai. Danach wurde um eine Genehmigung angesucht. Das Medikament wurde mittels Spezial-Behälter samt GPS-Kontrolle von Chicago aus nach Salzburg gebracht. Am Mittwoch erfolgte die Therapie.

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