Großes Interview

Kepplinger und Anschober kämpfen gemeinsam für Öffis

Oberösterreich
27.08.2010 18:34
Einsparungen im öffentlichen Verkehr haben den zuständigen SPÖ-Landesrat Hermann Kepplinger (im Bild links) und seinen grünen Regierungskollegen Rudi Anschober entzweit. Die "Krone" bat beide zum Interview, das zu einem Streitgespräch wurde, bei dem sich die "gegnerischen" Landesräte aber dennoch auf einen gemeinsamen Kampf für die Öffis einigten.

"OÖ Krone": Provokante Frage zum Aufwärmen: Wozu brauchen wir Regionalbahnen, die halb leer durchs Land schleichen?
Hermann Kepplinger: Das muss man differenzieren. Ein Zug, der Pendler nach Linz bringt, ist auf der Rückfahrt halt leer. Sparen, habe ich gesagt, kann man etwa bei Zügen, die von Schülern benutzt werden – da muss man evaluieren, ob man sie auch in den Ferien braucht.
Rudi Anschober: Sie müssen aber zugeben, Herr Kollege: Wenn man Fahrten einspart und die verbliebenen dann auch langsam sind, ist das ein weiterer Schritt in Richtung Ausdünnung und Unattraktivität – bis wir wie in Niederösterreich bei der Einstellung von Regionalbahnen sind.
Kepplinger: Das sind immer die grünen Theorien – nicht von Ihnen, aber von Leuten Ihrer Partei – über konspirative Pläne gegen die Regionalbahnen. In Wirklichkeit haben wir in Oberösterreich die regionalen Verkehrskonzepte – ich sage klar: Die Regionalbahnen sind das Rückgrat dieser Konzepte.
Anschober: Da sind wir einer Meinung. Ich arbeite dabei auch sehr gern konstruktiv mit Ihnen zusammen.
Kepplinger: Danke, aber bisher sind Sie die Konstruktivität weitgehend schuldig geblieben. In der vergangenen Landtagsperiode ging es Ihnen hauptsächlich darum, den Erich Haider jeden Tag zu quälen.

"OÖ Krone": Das ist ja nun vorbei. Herr Anschober, worüber sind Sie mit Herrn Kepplinger einig und wo gibt es Differenzen?
Anschober: Ich glaube nicht, dass wir grundlegende Differenzen haben. Beide müssen wir weg von der bisherigen Einheitspolitik von Rot, Schwarz und Blau, die Straßen auszubauen und die Schiene zu vernachlässigen.
Kepplinger: Es stimmt, dass der öffentliche Verkehr strukturell unterfinanziert ist. Daher werden Sie mir wohl auch Recht geben, dass wir die Eigentümerfrage angehen müssen. Ich will eine oberösterreichische Infrastrukturgesellschaft, in die alle Regionalbahnen eingebracht werden. Da müssen das Land, aber auch der Bund Mittel zur Verfügung stellen. Von österreichweit 600 Millionen Euro für die ÖBB stehen meiner Meinung nach 100 Millionen Euro Oberösterreich zu.
Anschober: Ebenfalls einverstanden. Verländerung ja, sie muss aber auch zu maßgeschneiderten Angeboten für die Fahrgäste führen. Wobei ein vorrangiger Punkt die Sanierung der Langsamfahrstrecken ist. Ausschreibungen und Wettbewerb können da viel bewirken.
Kepplinger: Es müssen auch große Projekte bewältigt werden: die zweite Straßenbahnachse für Linz, die Summerauer bahn und mehr. Das kostet auch viel Geld. Man darf keine falschen Erwartungen haben: Schiene ist teuer. Sie ist aber langfristig sinnvoll. Bei der Straße stoßen wir an Grenzen.
Anschober: Auch im Klimaschutz. Die Großindustrie hat vorbildlich saniert und damit auch Arbeitsplätze geschaffen. Das große Emissionsproblem ist aber weiter der Verkehr.

"OÖ Krone": Das kann sich bald durch neue Antriebe ändern. Landesrat Kepplinger meinte wohl auch andere Grenzen.
Kepplinger: Ja, Staus und Stau-Kosten. Die Straßen sind am Limit,  eine Entlastung ist weitgehend nur mehr durch öffentlichen Verkehr möglich.
Anschober: Mein Vorschlag: Gehen wir gemeinsam zur Infrastrukturministerin und setzen wir uns dafür ein, statt des Linzer Westrings mit demselben Geld die Öffis auszubauen.
Kepplinger: Das wird so nicht gehen. Asfinag und Öffis sind verschiedene Töpfe.
Anschober: Aber drin ist dasselbe Steuergeld und derselbe Bund verteilt es. Bilden wir eine Oberösterreich-Allianz für den öffentlichen Verkehr, so wie es Landesvize Franz Hiesl und Co. für die Straße getan haben.
Kepplinger: Wenn man die Asfinag stoppt, tut man noch nichts für die Schiene. Da sind andere Dinge wichtig: Abschaffung des Kernzonenaufschlags für die 100.000 Linz-Pendler oder die Straßenbahn-Verlängerungen nach Pichling und Ansfelden.
Anschober: Halte ich auch für wichtig und habe mich lange dafür eingesetzt.
Kepplinger: Dann unterstützen Sie mich weiter.
Anschober: Tu ich, aber die anderen Politiker sollten öfter selbst  Bahn fahren. Wie wärs mit einer gemeinsamen Zugfahrt mit den Kollegen?
Kepplinger: Gern. Wohin?
Anschober: Nach Graz? Nur gibt's bald keine Direktverbindung mehr...

von Friedrich Steinbock, "OÖ Krone"

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