Zu Gast bei Anschober

Drosten: „Auf Ausbrüche an Schulen vorbereiten“

Politik
17.06.2020 12:30

Der deutsche Virologe Christian Drosten, Entwickler eines der ersten Corona-Tests, hat bei einer Pressekonferenz im Gesundheitsministerium in Wien vor einer zweiten Covid-19-Welle gewarnt: „Wir wissen, was passiert, wenn wir nichts tun“, so der Experte. Er strich besonders Bildungseinrichtungen hervor. Deren Öffnung im Herbst werde eine besondere Herausforderung. „Wir müssen uns auf die Möglichkeit vorbereiten, dass wir an den Schulen Ausbrüche sehen.“ Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte: „Die Geschichte ist noch nicht gegessen.“

Anschober hatte eingangs erklärt, die aktuelle Situation sei „grundsätzlich eine positive, das darf uns aber nicht täuschen“. In den vergangenen 24 Stunden habe man 14 Neuinfektionen registriert, von 417 aktiv Erkrankten befinden sich 71 im Spital, davon elf Personen in intensivmedizinischer Behandlung. Der Lockdown im März sei „die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt“ gewesen. Hätte man noch eine Woche gewartet, hätte es sogar zu einer Vervierfachung der Infektionszahlen kommen können.

„Verzweifelte Situation“ in den USA
Drosten, der aus Berlin via Liveschaltung an dem Pressegespräch teilnahm, betonte die Notwendigkeit großflächiger Tests: „Eine wichtige Komponente ist, dass wir die Situation im Labor erfassen konnten und nicht warten mussten, bis viele Todesfälle da sind.“ Die frühzeitigen Maßnahmen hätten zudem bewirkt, dass man sowohl in Deutschland als auch in Österreich jetzt keine Situation wie etwa in den USA habe. „Dort sehen wir jetzt eine verzweifelte Situation. Die eine Hälfte der Bundesstaaten hat immer noch harte Maßnahmen, die andere Hälfte hat zu früh gelockert und leidet immer noch unter einer starken ersten Welle. Das noch zu korrigieren, wird schwierig.“

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In den USA sehen wir derzeit eine verzweifelte Situation. Das noch zu korrigieren, wird schwierig.

Virologe Christian Drosten

Man dürfe nicht vergessen, dass dies dasselbe Virus ist, mit dem auch Europa konfrontiert ist. Allerdings habe man „so weit gebremst, dass wir in einem Bereich sind, wo uns das Virus nicht mehr auffällt“: „Wenn eine Veranstaltung wie eine Groß-Demo mit 5000 Leuten gut geht, dann heißt das nicht, dass es das Virus nicht mehr gibt, sondern dass die Infektionszahlen einfach nur mehr in einem sehr niedrigen Bereich sind.“ Drosten betonte, dass man im Herbst ein besonderes Augenmerk auf Schulen und andere Bildungseinrichtungen haben müsse: „Wir müssen uns vorbereiten auf die Möglichkeit, dass wir hier Ausbrüche sehen.“

Neues Testsystem mit Ärzten
Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Virologin an der Medizinischen Universität Wien, sagte, man sei sehr froh gewesen, den von Drosten entwickelten Test so frühzeitig in Wien gehabt zu haben: „Am 22. Jänner hatten wir den Test und am 23. Jänner wurde bereits die erste Probe einer aus China eingereisten Person untersucht.“ Mittlerweile sei man „sehr gut aufgestellt“ in der österreichischen Laborlandschaft, nur die Logistik rundherum wolle man bis Herbst noch verbessern.

Außerdem wurde ein „Surveillance-System“ installiert, bei dem bereits 230 niedergelassene Ärzte stichprobenartig Abstriche von Personen nehmen, die mit Atemwegserkrankungen kommen: „Wir erwarten im Herbst natürlich einen Anstieg bei Schnupfen und Verkühlungen, aber auch da müssen wir ausreichend testen, um Gewissheit zu haben.“

Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH, erläuterte anschließend die Prognosen, die „mittlerweile eine große Planungssicherheit ermöglichen“. Soweit man das derzeit sagen könne, sei „alles im grünen Bereich“. Rund 15 Prozent der Covid-19-Erkrankten werden ins Spital gebracht, ein Sechstel von ihnen muss intensivmedizinisch behandelt werden. Da die Prognosen mittlerweile die Realität sehr gut abbilden würden, habe man auch bei der Kapazitätsplanung für die Intensivstationen gute Voraussetzungen.

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Die Geschichte ist noch nicht gegessen. Es ist noch nicht vorbei.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)

„Die Geschichte ist noch nicht gegessen“
Anschober lobte abschließend die „großartige Teamarbeit“ zwischen Experten und Politik, zudem mahnte er: „Die Geschichte ist noch nicht gegessen. Es ist noch nicht vorbei. Das Thema Pandemie haben wir noch nicht bewältigt.“ Das Wichtigste sei jetzt eine gute Vorbereitung auf den Herbst, dafür wolle man weiterhin mit dem Testprogramm „in die Breite gehen“ und das Kontaktpersonenmanagement verbessern. Der Minister warb einmal mehr für die nicht unumstrittene App des Roten Kreuzes. Diese sei mittlerweile technisch ausgereift. Ansonsten sollten die Österreicher „natürlich den Sommer genießen“: „Aber bitte mit Verantwortung!“

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