"Krone"-Interview

Chris Stangl nach dem K2-Abenteuer: “Es war pure Angst”

Steiermark
26.08.2010 21:02
Jetzt ist er wieder daheim. Christian Stangl erholt sich nach seinem historischen K2-Gipfelgang. Er tut's - wo sonst - in den Bergen. "Krone"-Redakteur Werner Kopacka hat mit ihm telefoniert, als er am Mittwoch zur Ennstalerhütte unterwegs war.

"Krone": Gratuliere, du hast im dritten Anlauf endlich den K2 geschafft - und bist als Erster seit zwei Jahren auf dem Gipfel gestanden. Was empfindest du jetzt?
Christian Stangl: In erster Linie Erleichterung. Es war unheimlich hart und saugefährlich.

"Krone": Du musstest auf 8.200 Metern als Erster wieder an jener Stelle vorbei, an der 2008 elf Bergsteiger von einer Eiswand erschlagen wurden. Du warst damals ganz in der Nähe. Hattest du in dieser Passage Angst?
Stangl: Es war die pure Angst, ein echt angeschissenes Gefühl. Du weißt, dass du nichts tun kannst, wenn was passiert. Der Blick ist ständig nach oben gerichtet, bei jedem Geräusch zuckt man zusammen.

"Krone": Wie lange hast du gebraucht, um aus der Todeszone herauszukommen?
Stangl: Beim Aufstieg, ich hab's ja in der Nacht getan, waren es fast drei Stunden, beim Abstieg war's eine weitere Stunde. Ich hab meine ganzen Kräfte mobil gemacht, um schnell weiterzukommen. Ohne Sauerstoffflaschen ist das hier natürlich ein Problem.

"Krone": Hat man da Zeit zu denken, wenn ja, was schießt einem durch den Kopf?
Stangl: Ich hab mich in diesen Stunden erstmals gefragt, warum ich so was überhaupt tue. Wahrscheinlich hängt's mit dem Alter zusammen. Früher hätt' ich's einfach getan. Basta. Dann hab ich aber an mein großes Ziel - die 14 höchsten und zweithöchsten Kontinentalgipfel als Erster zu schaffen - gedacht. Am Ende meiner Karriere - ich bin jetzt 44 - soll ja was Großes zurückbleiben.

"Krone": Und dann der Gipfel.
Stangl: Ich bin dann links weiter, da sind Felsen und da geht's leichter. Zuvor bin ich ja oft fast bis zu den Hüften im Schnee gesteckt. Spuren gab's keine, ich war ja der Erste. Ich hab dabei stets nur an den Rückweg gedacht - und gehofft, dass das Wetter nicht umschlägt. Ich war 30 Sekunden lang am Gipfel, grad lang genug, um zwei Fotos zu schießen. Triumphgefühl gab's keines, nur die Angst vor dem Abstieg.

"Krone": Wie hast du den erlebt?
Stangl: Vor dem Lager III hab ich kurz gerastet, ich war schon ziemlich fertig, im Lager hab ich dann was getrunken, Essen hab ich keines runtergebracht. Ich war um 10 Uhr am Gipfel, und hab im Lager auf die Nacht gewartet. Weil dann im unteren Teil die Steinschlaggefahr geringer ist.

"Krone": Danach gab's eine seltsame Begegnung - man hat gehört, es sei ein Schneeleopard gewesen.
Stangl: Gegen Mitternacht waren die Batterien leer. Ich hab mich in eine Felsnische gekauert und bin auf 5.600 Metern eingeschlafen. Erst das Tageslicht hat mich geweckt und da ist fünf Meter vor mir eine große gefleckte Katze gestanden. Sie hat mich minutenlang angestarrt. Ich hatte das Gefühl, dass sie sagen wollte: "Du Depp, du gehörst nicht hierher." Dann ist sie weg. Ich hab an den Yeti gedacht - vielleicht ist die Legende durch ähnliche Begegnungen entstanden.

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