Keine Zusatzstrafe

Sechs Fragen nach dem Urteil im Mordfall Lucile

Tirol
11.06.2020 12:32

Zwei ermordete junge Frauen, zwei Gerichtsprozesse mit sehr viel Aufsehen - nach der Verurteilung eines rumänischen Fernfahrers (43) im Fall der in Kufstein getöteten Lucile K. ging die „Tiroler Krone“ offenen Fragen nach.

Für Andreas Stutter, Vizepräsident und Sprecher des Landesgerichts Innsbruck, ist das doppelte Verbrechen mit Schauplätzen in Tirol bzw. Deutschland bisher einmalig. Diese ungewöhnliche Konstellation hat nicht alltägliche Folgen, klärt der Jurist auf.

Der Prozess endete mit einem Schuldspruch, warum wurde keine Strafe verhängt?
In Deutschland hätte man auch schon die österreichische Tat mitbeurteilen können, das ist nicht passiert. Es wurde aber bereits lebenslängliche Haft verhängt, mehr gibt es nicht.

Wie geht es nach der Berufung nun weiter?
Das Urteil wird jetzt schriftlich ausgefertigt. Die Berufung landet beim Obersten Gerichtshof, das kann zwei Monate dauern, danach wieder einige Monate bis zur Entscheidung.

Das verursacht wohl immer weitere Kosten?
Ein Rechtsstaat, so lautet hier die Haltung, muss sich das einfach leisten.

Wo wird der Verurteilte seine Haft verbringen?
Catalin C. wurde für den Prozess in Tirol sozusagen nur „ausgeliehen“ und er wird in Deutschland die Haft absitzen. Aber man darf einen Antrag stellen, ins eigene Heimatland überstellt zu werden. Ein Grund könnte die Besuchsmöglichkeit von Angehörigen sein.

Wird der Mann jemals wieder freikommen, wenn die Berufung scheitert?
In Deutschland wird nach zehn Jahren die Gefährlichkeit und eine bedingte Freilassung überprüft. In diesem Fall könnte das Wegsperren für immer erfolgen. Die Sicherungsverwahrung in Deutschland ist prinzipiell nicht befristet. Auch in Österreich kann lebenslang tatsächlich lebenslang bedeuten, ein Beispiel ist ein PLO-Attentäter von Wien.

Wie groß war das Medieninteresse in diesem Fall?
Das Verbrechen liegt lange zurück, aus Frankreich habe ich gar nichts gehört. In Tirol wird der Fünffach-Mord von Kitzbühel wohl mehr Echo auslösen, da haben wir jetzt schon Anfragen.

Die Chronologie der aufsehenerregenden Bluttat

12. Jänner 2014: Polizisten finden am Innufer in Kufstein die Leiche von Lucile Klobut aus der Gegend von Lyon. Die Austauschstudentin ist zuvor von Studienkollegen als vermisst gemeldet worden.
13. Jänner 2014: LKA-Chef Walter Pupp spricht am Tag danach von „stumpfer Gewalt“, die zum Tod der 20-Jährigen geführt hat. Tasche und Handy der jungen Frau bleiben vorerst verschwunden - Raubmord?
27. Jänner 2014: Im Inn finden Polizeitaucher die Tatwaffe - ein 58 Zentimeter langes und 1,7 Kilo schweres Eisenrohr. Dieses kommt bei Lastwagen als Hubstange für die Kabine zum Einsatz.
24. Juni 2015: Der Fall wird in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XYungelöst“ ausgestrahlt - es folgen aber keine brauchbaren Hinweise.
26. Jänner 2017: Die Wende - am Tatort einer Anfang November in Endingen bei Freiburg getöteten Joggerin (27) findet man DNA-Fragmente, die mit den Spuren im Fall Lucile übereinstimmen. Die Ermittler sprechen beim deutschen Opfer von schwerem sexuellen Missbrauch.
2. Juni 2017: Die deutschen Ermittler vermelden die Festnahme eines Verdächtigen - ein rumänischer Fernfahrer. Es folgt die Mordanklage.
22. November 2017: Beim Prozessauftakt in Freiburg legt der Beschuldigte ein Geständnis ab: „Ich weiß, dass das, was ich getan habe, nicht zu verzeihen ist. In mir war Aggression, aber kein sexuelles Verlangen.“
4. Dezember 2017: Auch im Fall Lucile hat der Beschuldigte offenbar ein Geständnis abgelegt - gegenüber einem psychiatrischen Gutachter.
22. Dezember 2017: Der Rumäne wird in Freiburg zu einer lebenslangen Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt, die Revision des Verteidigers verzögert die Auslieferung.
20. Juni 2018: Die Staatsanwaltschaft Innsbruck gibt bekannt, Mordanklage im Fall Lucile erhoben zu haben.
9. Juni 2020: Der Rumäne wird - noch nicht rechtskräftig - in Innsbruck wegen Mordes an Lucile Klobut einstimmig schuldig gesprochen.

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