Schädigt eine Depression die „Lebensmpumpe“ oder sind Herzpatienten aufgrund ihres Leidens depressiv? Beides ist möglich. Es gibt aber Hilfe.
Was war zuerst - die Henne oder das Ei? Diese Diskussion kann man auf die Medizin ummünzen: Schädigt eine Depression das Herz, oder sind Herzpatienten aufgrund ihres Leidens depressiv? Laut Fachärzten ist beides möglich. Deshalb hat sich der Begriff „Psychokardiologie“ mittlerweile zu einem ernst zu nehmenden Teilbereich entwickelt. Immerhin sind ja Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch in Österreich nach wie vor die häufigste Todesursache. Daher beschäftigen sich namhafte Kardiologen wie Prim. Univ.- Prof. Dr. Thomas Stefenelli mit diesem Thema: „Ich kann bestätigen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Herzleiden und dem seelischen Befinden gibt.“ Stress fördert beispielsweise unter anderem Verengung von Blutgefäßen, was zu Herzinfarkt oder Rhythmusstörungen führen kann. Prof. Stefenelli bestätigt die eingangs angesprochene Wechselwirkung: „Ein Teil der Patienten wird nach dem kardialen Ereignis depressiv, der andere hat aufgrund depressiver Verarbeitungsmuster von Stresssituationen ein klar höheres Risiko für eine Erkrankung des Herzens.“
Stress: Enge Blutgefäße, der Blutdruck steigt an
Schon Niedergeschlagenheit kann die Gesundheit beeinflussen, wie der Facharzt erläutert: „Es kommt zu einem Anstieg der Stresshormone und auch zu höheren Blutzuckerwerten. Das bewirkt Verengung der Arterien und damit Anstieg des Blutdrucks. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf ...“. Freilich gibt es auch eine indirekte Beziehung: Negative Stimmung führt nachweislich zu „Ersatzbefriedigung“ mit ungesunder Ernährung - wer hat noch nie zu viel Schokolade gegessen, weil er gerade schlecht drauf war? Oder zu viel Alkohol getrunken und zu wenig Bewegung gemacht? Strafverschärfend wirkt sich aus, dass bedrückte Menschen vielfach ihre verordneten Medikamente nur unregelmäßig einnehmen. Medizinisch weisen drei sogenannte Biomarker nach, ob eine Herzerkrankung und eine Depression gleichzeitig vorliegen: Es sind dies die Laborwerte Triglyceride (gehören zu den Blutfetten) sowie die Entzündungsparameter Interleukin-6 und CRP. Das legt auch eine Beteiligung des Immunsystems nahe. So verstärkt sich das Herzrisiko auf unterschiedlichen Ebenen bei anhaltend negativer Stimmungslage bzw. Depression.
Welche Ratschläge gibt Prof. Stefenelli in solchen Situationen?
Lässt sich die Lage durch nichts bessern, kommt professionelle Hilfe ins Spiel. Noch vor wenigen Jahren hat die Kardiologie psychosomatische Aspekte eher nicht berücksichtigt. Heute hat die Forschung zu einer Umkehr geführt. In Deutschland etwa gibt es sogar mehrere Lehrstühle für Psychokardiologie. Durch stärkere Berücksichtigung der Seele in der ärztlichen Praxis wird den Patienten genauer zugehört. Untersuchungen zeigen, dass Psychotherapie den Verlauf von Herzkrankheiten verbessert. Auch die Anzahl der verordneten Medikamente kann nach dieser Behandlung geringer sein.
Dr. med. Wolfgang Exel, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.