Streit im U-Ausschuss:

„Die permanenten Debatten werden langsam kafkaesk“

Politik
09.06.2020 18:01

„Novomatic zahlt alle“, hat Ex-FPÖ-Chef und -Vizekanzler Heinz-Christian Strache im berühmt-berüchtigten Ibiza-Video gesagt. Dieser Frage hat der Ibiza-U-Ausschuss am Dienstag nachzugehen versucht - mit vorerst wenig Erfolg. Als Erstes geladen war Harald Neumann, bis vor Kurzem Novomatic-Chef. Er dementierte in seinem Eingangsstatement vehement, dass der Konzern Parteispenden getätigt hat - weder offene noch verdeckte. Anschließend gab sich Neumann wenig auskunftsfreudig, es kam zu heftigen Debatten, ob und wann sich ein Zeuge der Aussage entschlagen dürfe. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper bezeichnete die Diskussion als „kafkaesk“. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit wurde die Befragung der dritten Auskunftsperson, dem Geschäftsführer der Novomatic-Schwesterfirma Novo Equity, Alexander Merwald, vertagt.

Es geht um hohe Honorare von Novomatic, der Konzern soll sich Lizenzen erhofft haben. Wie berichtet, wurde beim Manager der Novomativ-Schwester Novo Equity, Alexander Merwald im Rahmen einer Hausdurchsuchung auch eine „Preisliste“ für Lizenzen konfisziert - Merwald wird in der Causa wie Neumann und viele weitere als Beschuldigter geführt und ist am Nachmittag auch im U-Ausschuss geladen.

Neumann war als Novomatic-Vorstandsvorsitzender auch Mitglied im Casinos-Aufsichtsrat. „Ich habe beide Tätigkeiten immer korrekt, gewissenhaft und sorgfältig ausgeübt. Es lag mir fern, Amtsträger zu bestechen, Vorteile oder gar eine eigene Bereicherung zu lukrieren.“ So habe es auch „keinen Deal mit der FPÖ oder anderen Parteien oder Parteispenden gegeben“, sprach Neumann in seiner Eingangsstellungnahme von „unrichtigen Behauptungen in Medien“. Bei den anschließenden Fragen entschlug sich Neumann, weil gegen ihn ermittelt wird.

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Es gab keinen Deal mit der FPÖ oder anderen Parteien oder Parteispenden.

Ex-Novomatic-Vorstand Harald Neumann

Strache-Aussage „kann nur falsch gewesen sein“
„Novomatic zahlt alle“, hatte Strache im Ibiza-Video gesagt. Dazu Neumann auf Fragen der Verfahrensrichterin: „Strache hat diese Aussage aus welchem Grund auch immer getätigt und eidesstattlich wieder zurückgenommen - und sich bei uns entschuldigt, dass dies in keiner Weise der Wahrheit entspricht. Daher glaube ich Strache. Diese Aussage kann nur falsch gewesen sein.“

Fraktionen diskutieren Entschlagung
Bei den Fraktionen entbrannte anschließend ein Geschäftsordnungsstreit mit Unterbrechungen. Die Fraktionen diskutierten dabei, aus welchen ganz konkreten Gründen sich eine Auskunftsperson tatsächlich entschlagen könne. Auf Dinge, die sich in den Akten fänden, müsse eingegangen werden, kamen die Politiker zum Schluss.

Sobotka gab zwischendurch Vorsitz ab
Dennoch kam es in weiterer Folge zu einem heftigen Wortgefecht zwischen SPÖ-Mann Kai Jan Krainer und Ausschussvorsitzendem Wolfgang Sobotka (ÖVP). Die beiden matchten sich in der Frage, ob Neumann nun doch eine Frage beantwortet habe oder nicht. Es ging um Geld-Schenkungen des Novomatic-Eigentümers Johann Graf an Neumann. Nach dem Hickhack übergab Sobotka die Vorsitzführung an seinen ÖVP-Kollegen Andreas Hanger.

Krainer und Krisper zeigten sich nach der Befragung Neumanns in einer gemeinsamen Erklärung vor Journalisten „fassungslos“ über die Entschlagungspraxis des Ex-Novomatic-Chefs. Auch das Verschwinden von Sobotka hatte für Verstimmung gesorgt. Im Nachhinein hätten sie erfahren, dass er eine Sitzung der Parlamentspräsidenten hatte, so Krainer und Krisper. Die NEOS halten Sobotka unter anderem deswegen für befangen, weil sein früherer Pressesprecher Bernhard Krumpel zu Novomatic gewechselt war und nun als Beschuldigter geführt wird.

„Diese Debatten sind kafkaesk“
Die Befragung von Neumann war am Dienstag vorzeitig abgebrochen worden. Als es um die ÖVP und eine Novomatic-Unterstützung für das ÖVP-nahe Alois-Mock-Institut, dessen Präsident Sobokta ist, ging, sei es heikel geworden, so die beiden Oppositionspolitiker. Die permanenten Geschäftsordnungsdebatten seien „kafkaesk“ geworden. In früheren U-Ausschüssen wäre das Entschlagungsrecht nicht so weit ausgelegt worden, sagte Krainer.

Neumann wird nochmals geladen
Neumann soll nach einem Gutachten der Parlamentsdirektion nochmals geladen werden. „Er wird an dieser Aussage nicht vorbeikommen“, sagte die Grüne Abgeordnete Nina Tomaselli. Man sei leider nur bis zur - unbeantworteten - Frage gekommen, ob Neumann eine Wahrnehmung über ein Naheverhältnis zwischen Krumpel und Sobotka hatte.

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Er wird an dieser Aussage nicht vorbeikommen.

Die Fraktionsführerin der Grünen, Nina Tomaselli zur nochmaligen Ladung Neumanns vor den U-Ausschuss.

Staatsanwalt spricht von „Puzzle“
Am späteren Nachmittag war dann der zuständige Staatsanwalt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Matthias Purkart vor den Ausschuss geladen. Er sprach von einem „Puzzle“, das seine Behörde zusammentragen müsse - „Belastendes als auch Entlastendes“. „Die Auswertung ist ein aufwendiger Prozess.“ Und: „Auch wenn wir viel wissen, alles wissen wir noch nicht.“

Als dritte Auskunftsperson stand am Nachmittag eigentlich noch der Geschäftsführer der Novomatic-Schwesterfirma Novo Equity, Alexander Merwald, auf der Ladungsliste. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wird dieser jedoch erst an einem anderen Tag befragt, Der Ibiza-U-Auschuss geht am Mittwoch weiter. Neben dem ehemaligen freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Markus Tschank ist auch der Leiter der „SoKo Tape“, Andreas Holzer, geladen. Ursprünglich hätten der ehemalige Casinos-Manager Dietmar Hoscher (SPÖ) und der frühere Generaldirektor der teilstaatlichen Casinos Austria AG (Casag), Alexander Labak, kommen sollen. Beide sagten ab.

ÖVP und FPÖ weisen sich Novomatic-Einfluss gegenseitig zu
Streit war schon vor Beginn des U-Ausschuss-Tages in der Luft gelegen. ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl hatte vor Beginn des dritten Tages mit Blick auf eine „Preisliste“ für Gesetze von einem „FPÖ-Netzwerk“ gesprochen. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker fragte sich, warum die Novomatic nicht ihre Kontakte zur ÖVP nutzte.

Staatssekretär Fuchs sei zwar zuständig, aber Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) weisungsgebunden gewesen - Fuchs hätte also für Novomatic gar kein Gesetz machen können, sagte Hafenecker. Zur Bestellung des FPÖ-Politikers Peter Sidlo zum Casinos-Finanzvorstand durch die Novomatic sagte Hafenecker, die Optik sei keine gute, aber „geübte Praxis in der Zweiten Republik“.

„Da gab es das andere Gesicht der FPÖ“
Gerstl wiederum sagte, in den Akten der Staatsanwälte habe sich nichts gefunden, wonach die ÖVP involviert gewesen sei. Für die türkis-blaue Regierungszusammenarbeit seien die bekannt gewordenen Vorwürfe eine Enttäuschung. „Da gab es das andere Gesicht der FPÖ“ und eine „Energie, die wir nicht erkannt haben“. Es seien nun manche Bestrebungen der FPÖ in einem anderen Licht zu sehen.

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