Statistik belegt:

US-Cops töten doppelt so häufig Afroamerikaner

Ausland
07.06.2020 21:42

Der Fall Floyd ist nur der jüngste in einer langen Reihe von Übergriffen von US-Ordnungshütern mit tödlichem Ausgang. Der Tod von George Floyd hat die Diskussion um übertriebene US-Polizeigewalt gegen Afroamerikaner neu angefacht. Eine von der renommierten Zeitung „Washington Post“ veröffentlichte Statistik zeigt: Gemessen am Bevölkerungsanteil werden Schwarze mehr als doppelt so oft von Polizisten getötet wie Weiße. Bei den Unter-20-jährigen wurden sogar mehr Schwarze als Weiße getötet, obwohl es in dieser Altersgruppe viermal so viele Weiße wie Schwarze gibt.

In den vergangenen Jahren gab es in den USA viele Fälle von offenbar willkürlicher Gewalt weißer Polizisten gegen Schwarze. Dass die Täter oft unbestraft bleiben oder nur milde Strafen bekommen, sorgte immer wieder für wütende Proteste. Hier einige der bekanntesten Fälle von Polizeigewalt gegen Afroamerikaner.

Die Polizei kommt zur falschen Adresse
März 2020: In Kentucky wird die schwarze Rettungssanitäterin Breonna Taylor (26) mit acht Schüssen in ihrer Wohnung von der Polizei getötet. Die Polizisten waren an der falschen Adresse, der gesuchte Mann war schon in Haft. Keiner der Beamten wurde belangt.

März 2018: In Kalifornien erschießen zwei Polizisten den zweifachen Vater Stephon Clark (22), weil sie sein Handy für eine Waffe halten.

Juli 2016: Im Bundesstaat Minnesota stirbt der 32-jährige Philando Castile durch die Schüsse eines Polizisten, nachdem er und seine Freundin wegen eines defekten Rücklichts angehalten wurden. Nach Angaben der Frau schossen die Polizisten ohne ersichtlichen Grund, nachdem er ihnen mitgeteilt habe, dass auch er eine Pistole dabeihat, für die er eine Lizenz besitzt. Castiles Freundin filmt den Vorfall live mit.

Juli 2016: Nur einen Tag später zwingen zwei Polizisten in Louisiana den 37-jährigen Alton Sterling auf einem Parkplatz zu Boden und erschießen den Wehrlosen aus nächster Nähe.

Todesstrafe für ein defektes Bremslicht
April 2015: In South Carolina gerät Walter Scott wegen eines defekten Bremslichts in eine Verkehrskontrolle. Es kommt zu einem kurzen Gerangel, Scott läuft weg, der Polizist feuert daraufhin acht tödliche Schüsse ab. Der Beamte erklärt, Scott habe versucht, ihn zu überwältigen. Auf einem später aufgetauchten Video ist jedoch zu sehen, dass der Polizist dem 50-jährigen Familienvater mehrere Male in den Rücken schießt, als dieser wegläuft. Danach legt der Beamte dem Sterbenden Handschellen an.

April 2015: In Maryland wird Freddie Gray festgenommen, weil er ein verbotenes Messer bei sich gehabt hat. Der 25-Jährige wird gefesselt in einen Polizeitransporter gehievt. Bei der Ankunft am Zielort atmet er nicht mehr, seine Wirbelsäule ist gebrochen, er stirbt eine Woche später.

November 2014: In Ohio wird Tamir Rice von einem Polizisten erschossen. Der Zwölfjährige hatte auf einem Gehweg mit einer Waffenattrappe gespielt. Ein Anrainer alarmierte die Polizei, sprach allerdings auch von einer vermutlich unechten Waffe in den Händen des Kindes. Diese Angaben wurden den eintreffenden Polizisten offenbar nicht übermittelt, Videoaufnahmen zeigen, dass ein Polizist nach der Ankunft binnen Sekunden schoss.

August 2014: In Missouri wird Michael Brown von dem Polizisten Darren Wilson aufgefordert, den Gehsteig zu benutzen. Es kommt zu einem Wortwechsel, Wilson gibt zwölf Schüsse ab, Brown ist sofort tot.

Ein Familienvater erstickt im Würgegriff
Juli 2014: Eric Garner (43) stirbt bei einem Polizeieinsatz in New York an den Folgen eines Würgegriffs, er wurde des illegalen Zigarettenverkaufs verdächtigt. „Ich kann nicht atmen“, stieß der an Asthma leidende Familienvater als letzte Worte hervor. Der weiße Polizist wird nicht angeklagt.

Februar 2012: In Florida erschießt Wachmann George Zimmermann den 17-jährigen Trayvon Martin. Er sagt aus, er habe den unbewaffneten Teenager für einen Einbrecher gehalten, und wird freigesprochen.

Der erste spektakuläre Fall, bei dem brutale Polizeigewalt gegen einen Afroamerikaner zufällig mitgefilmt wurde, ereignet sich im März 1991: Vier Autobahnpolizisten schlagen Rodney King nach einer Verfolgungsjagd zusammen. Die Tat wird durch ein Amateurvideo weltweit bekannt. Der Freispruch für die Polizisten löst in Los Angeles Unruhen mit Dutzenden Toten aus. Im Revisionsverfahren werden zwei Polizisten zu je 30 Monaten Haft verurteilt. King erhält eine millionenschwere Entschädigung.

Demokraten planen neues Gesetz gegen Polizeigewalt
Während nach dem Tod von George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz vor rund zwei Wochen in vielen Städten der USA und anderswo auf der Welt friedlich gegen Rassismus, Ungleichheit und ausufernde Gewalt von Exekutivbeamten demonstriert wurde, bereitet die demokratische Mehrheit im US-Kongress dringend notwendige Reformgesetze vor. Am Montag soll die Initiative im Detail vorgestellt werden.

Geplant ist unter anderem, dass Polizisten bundesweit der Würgegriff verboten werden soll. Außerdem vorgesehen ist ein Ausbau der bundesweiten Datenbank, in der Polizeiverfehlungen festgehalten werden, sowie die Abschaffung von Regelungen, die Polizisten in bestimmten Fällen vor Strafverfolgung schützen. Das verbreitete sogenannte Racial Profiling, bei dem Polizisten Personen ausschließlich wegen ihrer Hautfarbe oder ethnischen Zugehörigkeit kontrollieren dürfen, soll beendet werden.

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden erklärte, dass er - sollte er im November ins Weiße Haus gewählt werden - in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit eine Kommission für Polizeireformen einsetzen werde. Biden: „Wir brauchen Gerechtigkeit und wirkliche Reformen, damit so etwas nie wieder passiert.“

Zehntausende rund um den Globus auf den Straßen
Die durch Floyds Tot ausgelöste weltweite Protestwelle gegen Rassismus setzte sich am Sonntag fort. Allein in London strömten Zehntausende ins Stadtzentrum und zur US-Botschaft, obwohl der britische Gesundheitsminister Matt Hancock und die Polizei wegen der Gefahr einer Ausbreitung des Coronavirus dazu aufgerufen hatten, von einem erneuten Massenprotest abzusehen. Polizei und Demonstranten gerieten teilweise aneinander.

Auch in Rom, Kopenhagen und Madrid gingen Tausende auf die Straßen. Wie schon am Samstag, als quer durch die USA und in zahlreichen anderen Städten, darunter Graz, Klagenfurt, Innsbruck, Linz, Salzburg, Bregenz, Berlin, München, Hamburg und Brisbane, Zehntausende demonstrierten, wurde mit Sprechchören und auf unzähligen Schildern Solidarität mit der Bürgerrechtsbewegung „Black Lives Matter“ unterstrichen, aber auch Rassismus im eigenen Land angeprangert. Viele Aktivisten trugen wegen des Virus Schutzmasken.

Kronen Zeitung

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