Weiter Unruhen

US-Polizei feuert auf Presse: Fotografin erblindet

Ausland
01.06.2020 23:02

Die US-Polizei geht immer härter gegen die Unruhen in mehreren Städten vor. Dabei kam es auch mehrfach zu Schüssen auf Journalisten und Pressevertreter, berichtet das Internationale Presse-Institut (IPI) am Montag. „Wir rufen die Polizei dringend auf, Reporter nicht mehr ins Visier zu nehmen und sie ihre Arbeit machen zu lassen“, betonte IPI-Vizechef Scott Griffen. So habe die Fotografin Linda Tirado am Freitag in Minneapolis das Augenlicht verloren, nachdem sie von einem Gummigeschoss der Polizei getroffen worden sei.

„Ich werde auf meinem linken Auge dauerhaft blind bleiben“, berichtet die Fotografin, die bei den Demonstrationen in Minneapolis verletzt wurde, auf Twitter. In Louisville im Bundesstaat Kentucky hätten Polizisten die Lokalreporterin Kaitlin Rust und ihr Kamerateam ins Visier genommen. Die Polizisten hätten „direkt auf uns gezielt“, sagte Rust. Auch Journalisten und Kamerateams von CBS, Reuters und MSNBC gaben an, in Minneapolis von der Polizei beschossen worden zu sein.

Außerdem seien mehrere Journalisten festgenommen worden, unter ihnen der CNN-Reporter Omar Jimenez am Donnerstag in Minneapolis, berichtet das IPI. Der Kameramann Tom Aviles sei am Samstag festgenommen worden, nachdem ihn die Polizei zunächst beschossen habe. In Iowa habe die Zeitungsreporterin Andrea May Sahouri eine Nacht im Polizeigefängnis verbringen müssen, weil sie über die Proteste in Des Moines berichtet hatte. Laut IPI waren auch mehrere ausländische Journalisten betroffen. Ein australisches Team sei in Minneapolis festgenommen und durchsucht worden, Reporter aus Schweden und Norwegen seien durch Gummigeschosse verletzt worden.

Reporter mit Erschießen gedroht
Das Pressefreiheits-Institut mit Sitz in Wien verwies auch auf Videoaufnahmen, die belegen, dass die Sicherheitskräfte bewusst gegen Journalisten vorgegangen seien. So sei der Reporter der Zeitung „Star Tribune“, Chris Serres, in Minneapolis auf den Boden gedrückt und mit dem Erschießen bedroht worden, obwohl er seinen Presseausweis hergezeigt habe. Der „Vice“-Journalist Michael Anthony Adams gab an, von einem Polizisten mit Pfefferspray besprüht worden zu sein, nachdem er sich als Journalist ausgewiesen hatte. Ali Velshi vom Fernsehsender MSNBC berichtete, was passierte, nachdem Polizisten sein Team mit Gummigeschossen beschossen hatten: „Wir streckten unsere Hände in die Höhe und riefen: ,Wir sind Medienleute!‘ Sie antworteten: ,Das ist uns egal!‘ und eröffneten das zweite Mal das Feuer.“

Zudem gab es Übergriffe seitens der Protestierenden auf Medienvertreter. In der Hauptstadt Washington entrissen Demonstranten dem Fox-News-Journalisten Leland Vittert das Mikrofon und schlugen ihn damit. Außerdem wurde die Zentrale des Fernsehsenders CNN in Atlanta angegriffen. Auch das Regionalmedium Al.com berichtete von gewaltsamen Übergriffen auf ein Team seiner Reporter in Alabama. Protestierende sollen Reporter auch in den Städten Phoenix (Arizona) und Pittsburgh (Pennsylvania) angegriffen haben.

Floyds Bruder fordert Ende der Gewalt
Nach den Ausschreitungen infolge des Todes von George Floyd hat dessen Bruder Terrence Floyd ein Ende der Gewalt bei den Protesten gefordert. Die Demonstrationen müssten friedlich sein, sagte Terrence Floyd am Montag bei einer Mahnwache für seinen Bruder in Minneapolis. George Floyd hätte keine Gewalt gewollt. Terrence Floyd rief dazu auf, wählen zu gehen.

Autopsiebericht belastet Polizisten
Unterdessen haben Anwälte der Familie von George Floyd einen Autopsiebericht vorgelegt, der vorläufigen Erkenntnissen der Behörden widerspricht und die Polizei schwer belastet. Unabhängige Gerichtsmediziner seien zu der Erkenntnis gekommen, dass Floyd bei dem brutalen Polizeieinsatz am Montag vergangener Woche in Minneapolis erstickt sei, teilte Anwalt Ben Crump am Montag mit. Der von den Anwälten mit Floyds Autopsie betraute Mediziner Michael Baden sagte: „Die Autopsie hat gezeigt, dass es keine Vorerkrankung gab, die zu seinem Tod geführt oder dazu beigetragen hat.“

Der offizielle Gerichtsmediziner hatte auf Grundlage vorläufiger Erkenntnisse Vorerkrankungen für Floyds Tod mitverantwortlich gemacht. Er ging davon aus, dass der 46-Jährige nicht erstickte. Bei dem Polizeieinsatz hatte einer der vier beteiligten Beamten Floyd fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt. Alle Bitten des Afroamerikaners, ihn atmen zu lassen, ignorierte er.

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