Herbst-Wahlen

Für die Politologen steht die SPÖ unter Erfolgsdruck

Wien
20.08.2010 11:35
Die bevorstehenden Herbst-Wahlen versprechen einiges an Spannung. Vor allem für die Kanzlerpartei SPÖ sind die Urnengänge in Wien und der Steiermark von Bedeutung, denn sie muss zwei Landeshauptleute und eine Absolute verteidigen. Die Sozialdemokraten haben insgesamt mehr zu verlieren, erklärte Politikberater Thomas Hofer (Bild). Hofer glaubt auch, dass die steirische Wahl am 26. September für die Koalition auf Bundesebene "ziemliche Sprengkraft" birgt und außerdem Einfluss auf die Wahl in Wien zwei Wochen später haben könnte.

Wenn es in der Steiermark zu einem Patt kommt und sowohl SPÖ als auch ÖVP vor der Entscheidung stehen, mit der FPÖ zu koalieren, werde das "massive Auswirkungen auf Wien haben", so Hofer. Auf Bundesebene würde das "den Mega-Gau" bedeuten. Dabei werde sich das Klima in der Bundesregierung schon zuvor im Wahlkampf weiter verschärft haben. Insofern bestehe die Gefahr einer Eskalation, "die man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte". Angesichts der Krise und der bevorstehenden wichtigen Budgetverhandlungen können sich SPÖ und ÖVP allerdings keine Neuwahlen leisten. "Das wäre Harakiri mit Anlauf", warnte Hofer.

Die Ausgangssituationen in Wien und der Steiermark sind recht unterschiedlich, erklärte der Leiter des market-Instituts Werner Beutelmeyer. Während der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SP) "zieht", sei der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SP) "gefährdet", denn die ÖVP habe Terrain "wettgemacht". Auch Meinungsforscher Peter Hajek sieht die Pattsituation zum Vorteil der ÖVP. Ähnlich bewertet Hofer die Lage: Die SPÖ habe mit der Steuerdebatte wieder Boden unter die Füße bekommen, müsse aber um den Landeshauptmannsessel laufen. Wenn die ÖVP hingegen die Steiermark umdreht, wäre sie der "große Gewinner".

Verlust der Absoluten als Erfolg verkaufen
In Wien sei die Situation für die Sozialdemokraten etwas leichter. Es starte mit Häupl einerseits "das beste Pferd im Stall" und anderseits könne man das Ergebnis auch bei einem Verlust der Absoluten als Erfolg verkaufen, so Hofer. Die Volkspartei sei zwar nicht so gut aufgestellt, könne aber auf eine Regierungsbeteiligung hoffen. Hajek glaubt, dass die Roten in Wien auch gute Chancen haben, die Mandatsmehrheit zu halten.

Den Oppositionsparteien attestieren die Politologen für beide Herbst-Wahlen Schwächen. So bleibe die FP in Wien mit Umfragewerten von 19 Prozent hinter ihrem Potenzial zurück, erklärte Werner Beutelmeyer vom market-Institut. Bei einer (fiktiven) Direktwahl käme FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nur auf sieben Prozent, Bürgermeister Michael Häupl (SP) hingegen auf 48 Prozent.

"Die FPÖ kommt vom Populismus nicht weg"
Die FPÖ werde ob der schlechten Vergleichsergebnisse aus dem Jahr 2005, als sich das BZÖ abgespalten hatte, zulegen und zu den Siegern zählen. Die Latte sei allerdings nicht so niedrig, wie es die Freiheitlichen im Lichte der jüngsten Turbulenzen rund um fragwürdige Geldflüsse während ihrer Regierungszeit und den Hypo-Skandal selbst darstellen wollen, sagte Thomas Hofer. In Wien wäre "alles unter 20 Prozent ein Flop". Insofern setzte die FPÖ mit ihren "Wiener Blut"-Plakaten wieder auf Provokation.

Auch Hajek meint, dass die FPÖ wieder auf Populismus setzte, weil das ihre Wähler erwarten würde. Die Freiheitlichen haben einen anderen Kurs einschlagen wollen, seien aber wieder davon abgekommen, weil ihre Unterstützer "harte und kantige Kampagnen" erwarten. "Die FPÖ kommt vom Populismus nicht weg, auch wenn sie es wollte, und bleibt damit so weit entfernt vom Bürgermeister-Sessel wie Häupl vom russischen Ballett."

Grabenkämpfe der Grünen sind "Schuss ins Knie"
Die Wiener ÖVP-Spitzenkandidatin Christine Marek wirkt für Hajek nicht authentisch, weil sie einerseits ein urbanes, konservatives Bild von sich zeichne und gleichzeitig auf Themen wie Sicherheit setze. Das gleiche Problem habe auch ihr Vorgänger Johannes Hahn gehabt, daraus habe die ÖVP aber offenbar nicht gelernt. Die Grünen würden Selbstdemontage betreiben und es der SPÖ damit leicht machen, zu sagen, mit dieser "Chaostruppe" könne man nicht regieren.

Die Grabenkämpfe der Grünen in den Wiener Hoffnungsbezirken Mariahilf und Josefstadt bezeichnete der Politexperte als "Schuss ins Knie". Damit sei das Potenzial, bürgerliche Wähler zu gewinnen, "völlig verspielt" worden. Die Grünen befänden sich in einem Rückzugsgefecht. Beutelmeyer attestiert den Grünen, in einer "dauerkritischen Phase" zu sein. Das BZÖ sei weiter im Überlebenskampf, wobei die Orangen in der Steiermark besser aufgestellt seien als in Wien. Der Einzug in den Wiener Landtag "würde fast an ein Wunder grenzen", so Hofer.

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