Gemeinden pleite

Stockinger und Ackerl mit Hilferuf an den Bund

Oberösterreich
18.08.2010 13:41
In Oberösterreich hat der kommunale Sparstift den Ortschefs einen Strich durch die Budget-Rechnung gemacht. Mittlerweile ist die Lage so prekär, dass 300 Kommunen vor dem Kollaps stehen. Ein rotschwarzer Hilferuf der Gemeindelandesräte Josef Ackerl und Josef Stockinger (im Bild von links: "OÖ-Krone"-Redakteurin Claudia Prietzel, Ackerl, SPÖ und Stockinger, ÖVP) soll die Kassen aufbessern.

"Krone": Ohne Geldspritze vom Bund wird es den Kommunen wohl über kurz oder lang die Luft abschnüren.
Josef Ackerl: Darum muss auch die ÖVP auf Bundesebene mehr Druck machen. Meine Meinung zur Gemeindesituation hab' ich in Wien schon oft genug vorgebracht. Aber anscheinend haben die Bundesparteien eine völlig unrealistische Vorstellung von den Aufgaben der Gemeinden.
Josef Stockinger: Der Bund ist von uns bestens informiert. Die entscheidende Frage wird sein, ob wir die immens steigenden Kosten für Pflege und Gesundheit aus unseren Gemeindekassen überhaupt wegbringen. Das funktioniert aber nur mit Hilfe vom Bund. Jetzt warten wir auf Antworten aus Wien.

"Krone": Die drastische Kürzung der kommunalen Subventionen treibt neben den Gemeinden auch die rund 1.500 Vereine im Land in den Ruin.
Ackerl: Das ist doch etwas dramatisch formuliert. Aber wenn Gemeinden keine Unterstützung bei den Ausgaben für Pflege und Gesundheit bekommen, wird das Gemeindeleben eben schwieriger werden.
Stockinger: Wir müssen uns jetzt um die wirklich wichtigen Dinge kümmern. Wenn die Sozialausgaben der Bürgermeister um zehn Prozent ansteigen, tun sich die Gemeinden natürlich schwer, die Vereine zu subventionieren. Aber grundsätzlich gilt auch für die finanzschwachen Gemeinden der 15-Euro-Erlass pro Einwohner.
Ackerl: Aber eine Gemeinde mit 1.000 Einwohnern hat dann nur 15.000 Euro für Vereinssubventionen zur Verfügung, das deckt nicht einmal die Personalkosten.

"Krone": Die Jugendarbeit der Vereine hält Land und Bund einen gewaltigen budgetären Brocken vom Hals. Wären nicht finanzielle Zuckerln für Ehrenamtliche angebracht?
Ackerl: Wir haben leider keine Zuckerln zu vergeben. Es ist kein Geld da. Wir sind in einer absolut schwierigen Phase, das ist klar. Die Vereine müssen wir jetzt auch ein bis zwei Jahre drüberbringen, denn wir brauchen sie ja für die sinnvolle Freizeitgestaltung der Jugend. Durch Frustration werden wir das Funktionärswesen sicher nicht aufrecht erhalten.
Stockinger: In der Kommunalpolitik haben die Vereine einen hohen Stellenwert. Dann muss man halt jetzt ein paar Meter an Straßen sparen, um ein bisschen mehr für die Vereine übrig zu haben.
Ackerl: Ja, aber auch die Vereine müssen umdenken.

"Krone:" Inwiefern genau?
Ackerl: Die Subventionen sollten mehr in die Jugendarbeit investiert werden und weniger in den Wettkampfsport, das wird oft viel zu ehrgeizig betrieben.
Stockinger: Wir werden sicher nicht die Gemeindefinanzierung über die Vereine lösen. Es geht ums Kooperieren und Vernetzen. Was sich die Gemeinden da einsparen können, kommt an Lebensqualität auch wieder an die Bürger zurück. Der Punkt ist, dass es bei der Pflege – und Spitalsfinanzierung – endlich neue Spielregeln braucht.

"Krone": Neben der Ebbe in den Budgetkassen drücken vielen Ortschefs im Land auch die immens wachsenden Zuwanderungszahlen aufs Gemüt.
Ackerl: Die Gemeinden wollen wachsen. Man kann sich nicht beschweren, dass, wenn man viele Wohnungen zur Verfügung hat, auch die Zuwanderer kommen. Die Wohnbauträger müssten sozialpolitisch endlich was leisten.
Stockinger: Jeder, der zu uns kommt, hat unsere "Hausordnung" zu befolgen, das heißt nicht, dass er auch eine Lederhose tragen muss. Bei der Integration braucht es einfach mehr als Feuerwehrlösungen.

"Krone": Angesichts der Migrantendebatte begehren jetzt aber vor allem Oberösterreichs SPÖ-Ortschefs auf.
Ackerl: In Oberösterreich funktioniert Integration. Auf die Probleme aufmerksam zu machen, ist in Ordnung. Auf Gemeindeebene werden sie sich aber sicher nicht lösen lassen.

Kronen Zeitung

 

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