Gastronomie

„Freude bei Stammgästen“

Vorarlberg
22.05.2020 09:52

Seit 15. Mai dürfen die heimischen Gastronomen wieder Gäste empfangen. Die treuen Stammgäste kamen zwar, der große Ansturm blieb aber aus. Viele Menschen sind durch die strengen Maßnahmen und durch die lähmende Angst vor einer Ansteckung verunsichert.

Die Coronakrise hat Vorarlberg fest im Griff. Auch wenn die Gastronomiebetriebe wieder geöffnet haben, ist kein Aufatmen zu spüren - zu groß sind die Verluste der letzten Monate. Erst die Grenzöffnung zu den Nachbarländern bringe den erhofften Lichtblick. Die „Krone“ hat mit Gastronom und WKV-Spartenobmann Andrew Nussbaumer über die angespannte Situation, fehlende Unterstützung und neue Maßnahmen gesprochen.

Wie fällt ihr Resümee nach der ersten Woche aus?

Ich habe mit ein paar Kollegen gesprochen und es war zu beobachten, dass besonders am Freitag - also am ersten Tag - viele Stammgäste gekommen sind. Sie haben sich sehr gefreut, dass ihr Lokal wieder geöffnet hat und haben auch sehr gut konsumiert. Es fällt aber auf, dass die Gäste wegen der neuen Situation zurückhaltend sind. Sie sind verunsichert, wie sie mit der Maske und anderen Vorkehrungen umgehen sollen und stellen daher viele Fragen. Die Mitarbeiter in der Gastronomie tragen hauptsächlich Gesichtsschilder und das stellt sich recht unproblematisch dar - außer für Linsenträger, deren Sicht durch die Spiegelung beeinträchtig sein kann. Generell hielt sich der Ansturm bislang in Grenzen.

Wie funktioniert die Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen?

Es funktioniert gut. Sowohl die Mitarbeiter als auch die Gäste sind ja vom Staat gebrieft. Was schwierig ist: Wenn vier Leute am Tisch sitzen und dann neue Gäste kommen und man kennt sich. Da vergisst man leicht, dass man nicht hingehen, geschweige denn sich dazusetzen sollte. Oder fünf Gäste, die zusammen kommen, aber nicht an einem Tisch sitzen dürfen. Das stößt auf Unverständnis. Für die Gastronomen ist die Kontrolle der Vorgaben eine enorme Herausforderung - wir sind ja Gastgeber und keine Polizisten.

Welche Folgen hat die jüngst erfolgte Absage der Bregenzer Festspiele und der fehlende Tourismus aus dem Ausland für die Gastronomie?

Wir leiden grundsätzlich unter den vielen Absagen, das Aus der Festspiele trifft etliche Betriebe mitten ins Mark. Gerade in der Hotellerie sind die Sorgen groß. Der Bregenzerwald baut zum Beispiel im Sommer ganz stark auf die Festspiele und die Schubertiade. Heuer wird man nicht umhinkommen, sich eine komplett andere Zielgruppe zu suchen.

Welche Erwartungen werden an die bevorstehende Grenzöffnung geknüpft?

Ich kann nur für meinen Betrieb sprechen: Wir haben sehr viele Schweizer Gäste, die zu uns kommen wollen, sobald die Grenze wieder offen ist. Es ist also eine große Vorfreude da und ich denke, dass dann auch wieder der Alltag einkehren kann. Im Palast in Hohenems sind 60 bis 65 Prozent der Gäste aus dem benachbarten Ausland. Sie sind also überlebensnotwendig für uns. Darum fahren wir bis zur Grenzöffnung nur auf Halbmast.

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Es ist also eine große Vorfreude da und ich denke, dass dann auch wieder der Alltag einkehren kann. Im Palast in Hohenems sind 60 bis 65 Prozent der Gäste aus dem benachbarten Ausland. Sie sind also überlebensnotwendig für uns.

Andrew Nussbaumer

Es werden aufgrund der Krise einige Insolvenzen in der Gastronomiebranche erwartet. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Viele Zahlen kursieren durch das Land. Österreichweit spricht der Fachverbandsobmann davon, dass 15 Prozent aller Betriebe die Pleite droht, wie rechnen mit 20 bis 25 Prozent. Die Wahrheit wird wohl irgendwo dazwischen liegen. Die Situation ist so, dass der Staat bei jeder Pressekonferenz große und rasche Hilfen verspricht - koste es, was es wolle. Diese Phrasen kann unsere Branche nicht mehr hören, weil das Geld einfach nicht ankommt bzw. nur in geringem Umfang. Auch die AMS-Kurzarbeitsförderung wurde noch nicht überwiesen. Was bedeutet: Die Betriebe haben jetzt bereits zwei Monatslöhne gezahlt und bei den meisten ist noch kein Euro angekommen. Dass es da massive Liquiditätsprobleme gibt, ist kein Wunder. Zudem lassen sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen bei Weitem nicht jene Umsätze erzielen, die es bräuchte, um die entstandenen Löcher zu stopfen.

Für die Nachtgastronomie gibt es ja immer noch keinen Fahrplan, oder?

Die Bars dürfen zwar bis 23 Uhr geöffnet haben, aber eigentlich geht der Umsatz erst danach richtig los. Für Diskotheken gibt es immer noch keine Antwort auf die Frage, wie es weitergehen soll. Genauso nicht für die Event- und Catering-Sparte. Die werden wohl bis September warten müssen. Seminare dürfen ab Juli mit bis zu 100 Leuten stattfinden, aber da wird mit Bewirtung nicht viel sein.

Spüren Sie auch einen Unmut bei den Gästen?

Die Gäste spiegeln die Meinung des Volkes wieder, es gibt solche und solche. Menschen, die jetzt in Restaurants gehen, haben in der Regel weniger Angst, etlichen gehen die Maßnahmen bereits ziemlich auf den Keks. Vor allem die Maskenpflicht wird von vielen kritisiert.

Die Krise wurde auch für kreative Konzepte genutzt. Glauben Sie, dass davon etwas bleiben wird?

Wenn die Coronakrise etwas Gutes hat, dann, dass Unternehmer kreativ sein mussten. Innerhalb von Tagen wurden Liefer- oder Take-away-Services angeboten. Ob sich das aber auf Dauer rentiert, ist fraglich. Aber erst einmal müssen wir abwarten, wie sich alles entwickelt. Wir wissen ja nicht einmal, wie die Situation in einem halben Jahr aussieht. Diese Unsicherheit ist als Unternehmer sehr belastend. Ein sehr positiver Aspekt ist das Feedback der Gäste. Sie haben in diesen Monaten erkannt, wie wichtig die Gastronomie ist.

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