Nach Überflutung

Helfer befürchten weit mehr Tote in Pakistan

Ausland
17.08.2010 22:33
Nach der Jahrhundertflut in Pakistan breiten sich unter den Millionen Flüchtlingen Krankheiten aus, Helfer rechnen mit noch mehr Toten. "Wir müssen uns darauf vorbereiten", sagte der stellvertretende Regionaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO, Abdullah Assaedi, am Dienstag in Islamabad. Die Fluten hätten ein Fünftel der Gesundheitseinrichtungen im Land zerstört oder beschädigt. Hilfsorganisationen fordern mehr Mittel für Notleidende.

In den Fluten starben bereits fast 1.500 Menschen, etwa 20 Millionen sind von der Katastrophe betroffen. Ein Fünftel von Pakistan steht nach UNO-Angaben unter Wasser. Die Behörden riefen am Dienstag zur Evakuierung weiterer Dörfer auf. Betroffen seien 150 Dörfer in der Gegend um die vom Hochwasser bedrohte Stadt Jacobabad, berichtete der Nachrichtensender Geo News am Dienstag.

Die rund 400.000 Einwohner Jacobabads waren bereits Ende vergangener Woche dazu aufgerufen worden, sich in Sicherheit zu bringen. Nicht alle wollten dem Aufruf aber folgen. Geo News berichtete, Jacobabad sei vom Hochwasser eingeschlossen und von der Außenwelt abgeschnitten.

Weltbank stellt 900 Millionen Dollar zur Verfügung
Die Weltbank stellt der Regierung in Islamabad wegen des Jahrhunderthochwassers einen Hilfskredit von rund 900 Millionen Dollar (700 Millionen Euro) zur Verfügung. Der heftig kritisierte pakistanische Präsident Asif Ali Zardari räumte erstmals Fehler ein. Die Regierung habe schlecht auf die Hochwasserkatastrophe reagiert, sagte Zardari bei einem Treffen mit örtlichen Hilfsorganisationen. "Ja, die Situation hätte besser sein können. Ja, die Absprachen hätten besser laufen können. Ja, alles hätte besser sein können", erklärte der Staatschef. Er hatte zu Beginn der verheerenden Überschwemmung eine Europareise fortgesetzt, statt sich an Ort und Stelle um die Not seiner Landsleute zu kümmern. Sein Ansehen sank daraufhin auf ein Rekordtief.

Der Regionaldirektor des Kinderhilfswerks UNICEF, Daniel Toole, sagte mit Blick auf die drohende Ausbreitung von Krankheiten: "Wir haben nicht Hunderttausende, sondern Millionen Frauen und Kinder, die gefährdet sind." Auch die ohnehin im Land verbreitete Unterernährung werde nun noch zunehmen.

Kinder sterben in den Auffanglagern
Die Zeitung "Dawn" berichtete unter Berufung auf Gesundheitsbehörden, ein vierjähriger Bub sei in einem Auffanglager in der südpakistanischen Hafenstadt Karachi an einer Magen-Darm-Erkrankung gestorben. Ein sechs Tage altes Baby sei durch Tetanus ums Leben gekommen. Ein Arzt sagte "Dawn", sein Team habe in dem Flüchtlingslager inzwischen bei 400 Menschen hohes Fieber und Magen-Darm-Erkrankungen diagnostiziert.

Nach der Flutkatastrophe fehle es an allem, die Not sei unvorstellbar, mahnte die Vorsitzende der Hilfsorganisation Cap Anamur, Edith Fischnaller, und bat um mehr Spenden für die Bevölkerung. Der humanitäre Koordinator der UNO in Pakistan, Martin Mogwanja, sagte, die Vereinten Nationen hätten bisher nur 160 Millionen Dollar Soforthilfe (124,4 Millionen Euro) erhalten - rund ein Drittel der erbetenen Summe. Die UN hatten am Mittwoch vergangener Woche 459 Millionen Dollar (357 Millionen Euro) Soforthilfe angefordert. Auch das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) rief die Staatengemeinschaft zu mehr Hilfe für die Flutopfer in Pakistan auf.

Regierung sieht enormen Geldbedarf
"Wir werden eine gewaltige Menge an Geld benötigen", sagte Pakistans UNO-Botschafter Zamir Akram in Genf. Dass Hilfen und Spenden in falsche Hände, vor allem an die Taliban fallen könnten, hält er für ausgeschlossen. "Das ist eine sehr transparente Angelegenheit."

Hilfe hat unterdessen das Nachbarland Afghanistan angekündigt: Die Regierung will sich mit einer Million Dollar (780.031 Euro) an der internationalen Unterstützung für die Flutopfer in Pakistan beteiligen. Nach den verheerenden Überschwemmungen in "unserem benachbarten Bruderland" leide seine Regierung mit dem "Volk von Pakistan", sagte Finanzminister Omar Sacheilwal am Dienstag vor Journalisten in Kabul.

Die US-Schauspielerin und Sonderbotschafterin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) Angelina Jolie will das vom Hochwasser verwüstete Pakistan nach Kräften unterstützen. Bei der Premiere ihres neuen Films "Salt" sagte sie am Montag in London: "Ich tue, was ich kann." Sie spreche mit Richard Holbrooke, dem US-Sondergesandten für die Region, der UNO und anderen.

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